"Tatort"-Wiederholung aus Stuttgart Eiskalte Femme fatale oder Opfer sexueller Gewalt? Ein Film über den männlichen Blick

"Tatort" heute aus Stuttgart
Die "Tatort"-Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare, r.) sind sich nicht einig: Ist Kim Tramell (Ursina Lardi) Opfer einer Vergewaltigung geworden - oder eine kaltblütige Möderin?
© SWR/Benoît Linder / ARD
Wurde Kim Tramell Opfer einer Vergewaltigung oder ist sie eine Lügnerin und Killerin? Die Stuttgarter "Tatort"-Kommissare Lannert und Bootz können sich kein rechtes Bild von der Tatnacht verschaffen - obwohl scheinbar eindeutige Videobilder vorliegen.
  • 4 von 5 Punkten
  • Ein starker "Tatort" - düster und tiefgründig

Worum geht's?

Nach einer feucht-fröhlichen Weihnachtsfeier bei einer Versicherung ziehen sich Kim Tramell (Ursina Lardi) und ihr Abteilungsleiter Oliver Jansen (Oliver Wnuk) noch in sein Büro zurück. Am nächsten Morgen ist Tramells Konkurrent tot im Foyer. Er hatte die beiden dabei gefilmt, wie sie miteinander Sex haben. Einvernehmlich - sagt der Mann. Sie wurde vergewaltigt, sagt die Frau. Wer hat Recht? Die "Tatort"-Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) sind sich uneinig: Jeder glaubt, in der Filmaufnahme etwas anderes zu sehen. "Videobeweis" lautet der Titel dieser "Tatort"-Folge - zur Klärung des Falls trägt am Ende dann aber ein Hund bei.

Warum lohnt sich der "Tatort: Videobeweis"?

Das Thema ist und bleibt leider aktuell: Frauen werden häufig Opfer sexueller Gewalt - doch nur selten kommt es zu einer Verurteilung des Täters. Denn der Nachweis ist schwer zu erbringen - selbst wenn wie in diesem Fall Videobilder vorliegen. Das Dilemma wird in der Begegnung von Thorsten Lannert mit Kim Tramell beispielhaft vorgeführt: Sie modelliert Risiken für eine Versicherung und berechnet Wahrscheinlichkeiten. Der Kommissar beschäftigt sich mit dem Gegenteil: dem Unwahrscheinlichen, das plötzlich ins Leben tritt. "Trotzdem sehen sie auf diesem Video nur das Wahrscheinliche, nicht das Unwahrscheinliche. Ich dachte genau das wäre ihr Metier", wirft ihm das mutmaßliche Vergewaltigungsopfer vor.

Die trägt nicht ohne Grund den Nachnamen Tramell. Wie die von Sharon Stone gespielte Catherine Tramell aus "Basic Instinct" wird sie als eiskalt und manipulativ gezeigt, und ähnlich wie der von Michael Douglas verkörperte Ermittler Nick Curran droht sich auch Thorsten Lannert in ihrem erotischen Netz zu verfangen. Oder ist das alles nur der männliche Blick, der eine unschuldige Frau zum begehrenswerten Objekt macht? 

Was stört?

An diesem hervorragend konstruierten Fall (Buch: Rudi Gaul und Katharina Adler) gibt es nur wenig auszusetzen. 

Die Kommissare?

Ausgerechnet zwei Männer kümmern sich um einen Fall, in dem es auch um den Vorwurf der Vergewaltigung geht. Wie gut, dass Lannert und Bootz eine Praktikantin von der Polizeischule haben: Stefanie Seiler (Amelie Herres) bringt die weibliche Perspektive mit ein.

Ein- oder ausschalten?

Kein "Tatort" zum gemütlich wegdösen. Dennoch sollten Sie sich  "Videobeweis" nicht entgehen lassen.

Die "Tatort"-Folge "Videobeweis" wurde erstmals am 1. Januar 2022 ausgestrahlt. Die ARD wiederholt den Fall am Sonntag, 25. August, um 20.15 Uhr

Die Kommissare Lannert und Bootz ermittelten auch in diesen Fällen:

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