Herr Kaminer, Ihr neues Buch "Frühstück am Rande der Apokalypse" ist viel ernster als all Ihre anderen Bücher. Ist es für Sie in Zeiten des Krieges unmöglich, ein lustiges Buch zu schreiben?
Ich finde das Buch durchaus lustig. Ich sehe in der Tragik des Krieges auch einen großen Witz. Das Leben ist eine Tragödie, die wir ausblenden und tun so, als würden wir ewig leben und als sei alles in Ordnung. Aber natürlich ist eine Tragödie eine Sackgasse. Doch würden wir uns das immer bewusst machen, würden wir nur weinen und kämen nicht weiter. Eine Tragödie ist auch lächerlich, und auch dieser Krieg und der russische Präsident sind lächerlich.
Für die ukrainische und die russische Bevölkerung ist dieser Krieg nicht nur eine Tragödie, sondern eine Katastrophe.
Die staatlichen russischen Medien versuchen, die Illusion aufrecht zu erhalten, dass es kein Krieg, sondern nur eine Spezialoperation ist. Viele Russen nehmen den Krieg deshalb nicht als Krieg, sondern als eine Art Naturereignis wahr. Vor kurzem hat sich vor der Brücke zur Krim ein 13 Kilometer langer Stau gebildet, weil die Russen in einer Gegend Urlaub machen wollen, die erst vor kurzem okkupiert worden ist und die die inzwischen stärkste Armee Europas jetzt zurückerobern will. Diese Leute wollen ihre Kinder im Schwarzen Meer baden lassen, in dem seit der Explosion des Kachowka-Staudamms unter anderem Tierkadaver treiben. Es gibt auf der Halbinsel kaum sauberes Trinkwasser, alles ist in einem katastrophalen Zustand, es herrscht Krieg, aber Urlaub auf der Krim muss sein!