Podcast "Call Her Daddy" Fake-Erbin Anna Sorokin: "60 Millionen, das grenzt an Armut in New York"

Anna "Delvey" Sorokin
Anna "Delvey" Sorokin 2019 vor Gericht
© Richard Drew / Picture Alliance
Kurz bevor sich sich gegen ihre Abschiebung nach Deutschland gewehrt hat, gab Anna "Delvey" Sorokin dem Podcast "Call Her Daddy" ein Interview. Darin zeigt sie sich wenig einsichtig. 

Wenn Anna Sorokin über Deutschland spricht, dann klingt das wie eine Einöde, in der nach Feierabend die Bürgersteige hochgeklappt werden. In ihren Zwanzigern wollte die geborene Russin nur weg aus Eschweiler, wo ihre Familie hinzog, als sie Teenagerin war. Über Berlin ging es nach Paris und schließlich nach New York, wo sie – die Geschichte kennt nun fast jeder Netflix-Abonnent – Freunde und Finanzinstitute um mehrere Tausend Dollar betrog. 

Anna Sorokin: New York war ihr Sehnsuchtsort

Eine Woche bevor sie sich erfolgreich gegen eine Abschiebung nach Deutschland gewehrt hat, gab Sorokin dem Podcast "Call Her Daddy" aus dem Gefängnis ein Interview. Dort erklärte sie, warum New York sie fasziniert habe. Es sei die Energie der Metropole gewesen und die Tatsache, dass man alles jederzeit bekommen könnte. Im Vergleich dazu seien die Geschäfte in Europa ab 17 oder 18 Uhr geschlossen, so Sorokin. Klar, vergleicht man New York City mit Eschweiler in NRW, sind die Unterschiede relativ schnell offensichtlich. Doch wenn man hört, wie Sorokin die Wahlheimat ihrer Eltern beschreibt, wundert es einen wenig, dass sie partout nicht zurück möchte.

Mit Alexandra Cooper sprach Sorokin auch über ihre Zeit, als sie in New Yorker Luxushotels lebte und vorgab, wohlhabend zu sein. Dabei gab sie zu bedenken, dass niemand sie je gefragt habe, was sie beruflich mache oder womit ihre Eltern angeblich so reich geworden sind. Der Konsens unter ihren Freunden und Bekanntschaften war: Sie sei eine reiche deutsche Erbin und verfüge bald über einen Treuhandfonds von 60 Millionen Dollar. "60 Millionen grenzt an Armut in New York. Das ist fast nichts", erklärte Sorokin im Podcast. Ihr sei es immer egal gewesen, was die Menschen über sie denken und sie könnte auch nicht beurteilen, wie andere sie eingeschätzt haben. Dass sie auch Finanzinstitute über den Tisch ziehen konnte, schreibe sie einer besonderen Strategie zu. 

Anna Sorokin im RTL-Interview
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Geld bedeutet Freiheit

Sie habe sich extra unauffällig gekleidet, um den Instituten zu zeigen, dass sie ihre Hilfe nicht wirklich benötige, erklärte sie. "Ich bin da rein mit einer Scheißegal-Haltung. Weil: Wenn das Geld nicht von ihnen kommt, dann von jemand anderem. Die waren alle wegwerfbar, es gibt so viele Finanzinstitute in New York", sagte sie "Call Her Daddy". 

Geld ist für Sorokin gleichbedeutend mit Freiheit. Bereits in ihrer Kindheit sei ihr am wichtigsten gewesen, selbst entscheiden zu dürfen. "Ich war allergisch gegen Autoritäten. Ich war es gewöhnt, Freiheiten zu bekommen, und wenn diese weggenommen wurden, habe ich nicht gut reagiert", sagte sie über die Zeit des Heranwachsens, als ihre Mutter versuchte, ihr Regeln aufzuerlegen. Heute sei das Verhältnis zu ihren Eltern intakt, wenn auch sporadisch. Man telefoniere zweimal die Woche, erklärte sie und gelegentlich würden ihre Eltern ihr sogar Zeitschriften ins Gefängnis schicken. 

Was ihr Lebensmotto angeht, hat sich Sorokin offenbar an der britischen Royal Family orientiert. "Never complain, never explain", sagte sie am Ende des Interviews. Beschwere dich nicht und erkläre nichts. Im zweiten Punkt soll sie Recht behalten. Wirkliche Erklärungen liefert Sorokin auch jetzt nicht, nachdem die Welt mehr weiß über ihre kriminellen Handlungen. Sollte sie doch noch abgeschoben werden, stünde ihr die Welt offen. "Ich kann überall hin in der Welt. Ich müsste nicht in Deutschland bleiben", sagte Sorokin. Eines ist sicher: Nach Eschweiler zieht sie nichts. 

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ls

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