"Stadtbild"-Debatte belastet Koalition - SPD-Politiker fordert Treffen mit Merz

Demo in Berlin gegen Merz-Äußerungen
Demo in Berlin gegen Merz-Äußerungen
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Die "Stadtbild"-Äußerungen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) sind zwar schon knapp zwei Wochen her, die Debatte darüber belastet aber zunehmend die schwarz-rote Regierungskoalition. Der SPD-Politiker Adis Ahmetovic forderte am Montag ein Spitzentreffen mit Merz sowie den Bundestagsfraktionen und Sozialverbänden. Aus der Union kamen prompt Absagen an einen solchen Gipfel und Kritik an der Beteiligung von SPD-Politikerinnen und -Politikern an Protesten gegen Merz. Von Seiten der Bundesregierung wurde versucht, die Wogen zu glätten.

In der vorvergangenen Woche hatte Merz auf aus seiner Sicht migrationsbedingte Probleme im "Stadtbild" hingewiesen. Diese Äußerung führte zu einer lebhaften Diskussion, im Zuge derer ihm auch Rassismus unterstellt wurde. Teile der SPD sehen nun Gesprächsbedarf: "Ich erwarte, dass der Kanzler Vertreter von Großstädten, kommunalen Verbänden und den Fraktionen zu einem Stadtbild-Gipfel an einen Tisch holt, wie beim Stahl- oder Automobil-Gipfel", sagte Ahmetovic der "Bild"-Zeitung.

Ahmetovic hatte zuvor gemeinsam mit weiteren SPD-Abgeordneten ein Acht-Punkte-Positionspapier für Verbesserungen des "Stadtbilds" verfasst, in dem im Gegensatz zu Merz kein Zusammenhang zwischen Problemen in Großstädten und Migration hergestellt wird.

Unterstützung erhielt die Gruppe um Ahmetovic von SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese. "Der Acht-Punkte-Plan war ein Debattenbeitrag von Abgeordneten unserer Fraktion, der das Ziel hatte, die 'Stadtbild'-Diskussion zu versachlichen und nicht auf das Thema Migration zu verengen. Dieses Ziel teile ich ausdrücklich", sagte Wiese zu "Bild".

Gegen ein Spitzentreffen zu dem Thema wandte sich allerdings der Parlamentsgeschäftsführer der Union, Steffen Bilger (CDU). "Wir brauchen da keinen Erörterungstermin. Friedrich Merz hat seine Position vertreten", sagte Bilger der Zeitung "Welt". "Ich glaube, die allermeisten haben ihn von Anfang an verstanden, einige wollten ihn bewusst missverstehen". Der Acht-Punkte-Plan aus der SPD sei "ein bewusstes Vorbeireden an den Problemen, um die es geht". 

Bilger hatte zuvor Verärgerung über die Teilnahme von SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar an einer Demonstration gegen die Merz-Äußerungen kundgetan: "Wer als SPD-Führungskraft gegen den Bundeskanzler der gemeinsamen Koalition demonstriert, trägt leichtfertig dazu bei, dass die Menschen uns weniger zutrauen, gut zu regieren", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel". 

Ähnlich äußerte sich auch Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU). "Opposition in der Regierung, das hat noch nie funktioniert, das geht auch nie gut im Ergebnis", sagte Spahn am Sonntag im "Bericht aus Berlin" der ARD. Er wandte sich auch gegen einen linken "Empörungszirkus". 

Esdar kritisierte im "Tagesspiegel" erneut die Worte des Kanzlers als pauschal und verletzend, zeigte sich aber zu konstruktiven Gesprächen in der Koalition bereit. Ihre Demonstrations-Teilnahme verteidigte die SPD-Politikerin. Der Demo-Aufruf habe das Motto "Wir sind das Stadtbild" gehabt, "um für eine bunte und tolerante Stadtgesellschaft zu werben", hob sie hervor. In diesem Punkt sehe sie "auch die Union an unserer Seite".

Unterstützung erhielt Esdar von ihrem Fraktionskollegen Wiese. Esdar sei "Mit-Begründerin des schon lange bestehenden Bündnisses gegen Rechts in Bielefeld und hat darum, wie schon zuvor, an der Demo des Bündnisses teilgenommen", betonte Wiese in der "Rheinischen Post".

Von der Bundesregierung kamen beschwichtigende Töne. "Der Kanzler ist in diesen Fragen, glaube ich, langmütiger, als ihm manchmal unterstellt wird", sagte Vize-Regierungssprecher Steffen Meyer am Montag. Er betonte, dass die Forderung nach einem Gipfeltreffen nicht aus der gesamten SPD, sondern nur aus einem Teil von deren Bundestagsfraktion kam. Das sei "der normale parlamentarische Austausch".

Angesichts der starken Polarisierung in der Debatte forderte Grünen-Parteichef Felix Banaszak einen "Schritt nach vorn". Es sei wichtig, Dinge zur Kenntnis zu nehmen, die Menschen "als bedrohlich wahrnehmen", sagte Banaszak am Montag in Berlin. Ebenso sei es aber wichtig, es ernst zu nehmen, wenn Menschen "sich zu recht verletzt und ausgegrenzt fühlen". Einen Gipfel zu dem Thema sah er skeptisch.

AFP

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