Nach Drohnen-Vorfall: Nato kündigt Stärkung der Ostflanke an

Rutte (r.) und Grynkewich am Freitag in Brüssel
Rutte (r.) und Grynkewich am Freitag in Brüssel
© AFP
Mit einer neuen Initiative zur Stärkung ihrer Ostflanke hat die Nato auf das Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum reagiert. "Die Nato startet den Einsatz Eastern Sentry (Ost-Wächter), um unsere Verteidigungsposition entlang unserer Ostflanke weiter zu stärken", sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte am Freitag in Brüssel. Unterdessen sorgt ein Militärmanöver von Russland und Belarus an der Ostflanke der Nato für zusätzliche Spannungen.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Oberbefehlshaber der Nato-Truppen in Europa, General Alexus Grynkewich, kündigte Rutte an, der Militäreinsatz werde "eine Reihe von Ressourcen" aus Ländern wie Deutschland, Dänemark, Frankreich und Großbritannien umfassen und "in den kommenden Tagen" starten. Zusätzlich zu "traditionellen militärischen Fähigkeiten" umfasse er "auch Elemente, die speziell auf die besonderen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Drohnen ausgerichtet sind", erläuterte der Nato-Generalsekretär. Grynkewich sagte, er habe den Einsatzbefehl bereits gegeben, Eastern Sentry starte "sofort". 

In der Nacht zum Mittwoch waren mindestens 19 Drohnen tief in den Luftraum des EU- und Nato-Lands Polen eingedrungen, mehrere der Drohnen wurden abgeschossen. Polen und Nato-Verbündete wie Deutschland verurteilten den Vorfall als gezielte Provokation gegen das gesamte westliche Militärbündnis. Rutte sagte am Freitag, die Bewertung der Vorfälle vom Mittwoch dauere noch an. 

Deutschland kündigte an, die Zahl der zur Überwachung des polnischen Luftraums eingesetzten Eurofighter-Kampfjets von zwei auf vier zu verdoppeln. Frankreich kündigte die Bereitstellung von drei Rafale-Kampfjets für die Überwachung der Nato-Ostgrenze an.

Moskau bestritt einen gezielten Angriff. US-Präsident Donald Trump äußerte sich zurückhaltend zu der Verletzung des polnischen Luftraums und schloss ein Versehen Moskaus nicht aus: "Es könnte ein Fehler gewesen sein", sagte er. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erwiderte im Onlinedienst X: "Wir würden uns auch wünschen, dass der Drohnenangriff auf Polen ein Fehler war. Aber das war er nicht."

Die Bundesregierung bestellte wegen des Drohnen-Vorfalls den russischen Botschafter ein. "Mit russischen Drohnen im Nato-Luftraum" handele der russische Präsident Wladimir Putin "gefährlich und inakzeptabel", erklärte das Auswärtige Amt dazu am Freitag auf X. Auch der russische Botschafter in Paris wurde einbestellt, die EU bestellte die Botschafter von Russland und Belarus ein.

Das Verteidigungsministerium in Moskau verkündete am Freitagmorgen derweil den Beginn des Militärmanövers "Sapad-2025" (Westen-2025). Der Großteil der Übungen findet nach Angaben aus Belarus bis Dienstag östlich der Hauptstadt Minsk statt - rund hundert Kilometer von der Grenze zum EU- und Nato-Land Litauen entfernt. Nach Angaben der russischen Armee werden einige "praktische" Übungen auch auf russischem Staatsgebiet sowie in der Barentssee und in der Ostsee stattfinden.

Polen, Litauen und Lettland haben wegen des Manövers ihre Sicherheitsvorkehrungen verschärft und den Flugverkehr eingeschränkt. Polen ordnete zudem die Schließung seiner Grenze zu Belarus an. Die Nato erklärte, von den Übungen gehe keine "unmittelbare militärische Bedrohung" aus. Sie beobachte das Militärmanöver jedoch genau. "Wir fordern Russland und Belarus auf, im Einklang mit ihren internationalen Verpflichtungen vorhersehbar und transparent zu handeln", erklärte eine Nato-Vertreterin. Es sei bekannt, dass Russland Militärübungen als politische Drohgebärde nutze.

Die Militärübung Sapad findet in der Regel alle vier Jahre statt. 2021, also noch vor Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022, hatten rund 200.000 russische Soldaten daran teilgenommen. Diesmal dürften es deutlich weniger sein. Belarus hatte im Januar die Teilnahme von 13.000 Soldaten angekündigt. Im Mai gab Minsk aber bekannt, die Zahl um die Hälfte zu reduzieren.

Wie Belarus im August verkündet hatte, soll bei dem Manöver unter anderem der Einsatz atomwaffenfähiger Oreschnik-Raketen geübt werden, die Russland in Belarus stationieren will. 

Nach Angaben Tusks soll bei der Übung auch die Besetzung der sogenannten Suwalki-Lücke simuliert werden. Das Gebiet an der polnisch-litauischen Grenze schließt im Norden an die russische Exklave Kaliningrad und im Süden an Belarus an. Es wird befürchtet, dass Russland und sein Verbündeter Belarus den 65 Kilometer breiten Landstreifen im Fall einer Ausweitung des Ukraine-Krieges besetzen könnten.

AFP