Prokurdische Partei DEM kündigt für Donnerstag "historische Erklärung" Öcalans an

Öcalan im Jahr 1992
Öcalan im Jahr 1992
© AFP
Nach Jahrzehnten blutiger Kämpfe könnte im Kurdenkonflikt in der Türkei ein Wendepunkt bevorstehen. Die prokurdische Partei DEM kündigte für Donnerstag eine "historische" Erklärung des seit 26 Jahren inhaftierten Gründers der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, an - falls alles "reibungslos" verlaufe. Zuvor hatte die DEM für Donnerstag einen weiteren Besuch einer Delegation von Abgeordneten der Partei bei Öcalan in der Haftanstalt auf der Insel Imrali angekündigt.

Die DEM-Politiker sollen sich der Partei zufolge nach ihrem Gespräch mit Öcalan am Donnerstag um 17.00 Uhr (Ortszeit, 19.00 Uhr MEZ) vor Journalisten in Istanbul äußern. Seit Wochen wird mit Spannung ein möglicher Aufruf Öcalans zu einem Ende des bewaffneten Kampfs der verbotenen PKK erwartet.

Die Mitglieder der siebenköpfigen Delegation sprachen sich vor dem geplanten Besuch bei Öcalan dafür aus, dass dieser seinen Appell per Videobotschaft ausspricht - und nicht schriftlich verbreitet. Wie türkische Medien berichteten, ist das Justizministerium des Landes allerdings dagegen.

Ungewiss ist indes, wie ein solcher Aufruf bei den kurdischen Kämpfern im Norden des Irak und Syriens ankommen würde. 

Der Anführer der PKK war im Februar 1999 vom türkischen Geheimdienst gefasst worden. Er wurde zunächst zum Tode verurteilt, entging durch die Abschaffung der Todesstrafe in der Türkei im Jahr 2004 jedoch seiner Hinrichtung. Seitdem verbüßt Öcalan in fast völliger Isolation auf der Insel Imrali eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Die Oppositionspartei DEM war früher unter dem Namen HDP bekannt. Die türkische Regierung wirft ihr Verbindungen zur von der türkischen Justiz verbotenen PKK vor, was die DEM jedoch bestreitet.

Die 1978 gegründete PKK kämpft seit 1984 gegen den türkischen Staat und wird von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als Terrororganisation eingestuft.

Die Initiative für eine mögliche Aussöhnung war im vergangenen Herbst überraschend vom Vorsitzenden der rechtsnationalistischen Partei MHP, Devlet Bahceli, ausgegangen. Sie regiert zusammen mit der AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Bahceli schlug vor, Öcalan solle im Parlament die Auflösung der PKK und einen Gewaltverzicht verkünden. Erdogan unterstützte den Vorschlag. Einen Tag später erhielt Öcalan zum ersten Mal seit dem Jahr 2020 wieder Besuch von seiner Familie. Kurz darauf bat die DEM das Justizministerium um Erlaubnis für einen Besuch bei dem Kurdenführer. Seither besuchten bereits zweimal DEM-Abgeordnete Öcalan im Gefängnis.

Nach dem ersten Besuch der Politiker Ende Dezember ließ Öcalan über sie erklären, die "Wiederherstellung der türkisch-kurdischen Brüderlichkeit" sei "nicht nur eine historische Verantwortung, sondern auch (...) eine Dringlichkeit für alle Völker". Er habe "die Kompetenz und die Entschlossenheit, einen positiven Beitrag zu dem von Herrn Bahceli und Herrn Erdogan eingeleiteten neuen Paradigma zu leisten".

AFP