Das Bundesentwicklungsministerium teilte zu dem Sachverhalt auf Nachfrage lediglich mit: "Dazu laufen Gespräche in der Bundesregierung." Auch mit den Abgeordneten im Parlament werde gesprochen, sagte eine Sprecherin.
Ressortchefin Reem Alabali Radovan (SPD) hatte der von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas geführten Autonomiebehörde zuvor Hilfen in Höhe von 30 Millionen Euro in Aussicht gestellt. In der Regierung gebe es "dazu eine einheitliche Haltung", sagte Vize-Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin. Die Beratungen im Parlament wolle er aber nicht kommentieren. Es sei das gute Recht des Parlaments als Haushaltsgesetzgeber, "noch einmal Fragen zu stellen".
Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Derya Türk-Nachbaur drängte am Freitag auf die Auszahlung der Mittel. "Diese Hilfen sind zugesagt worden, und ich finde, die sind auch unbedingt nötig, wenn sie die humanitäre Katastrophe in den palästinensischen Gebieten sehen", sagte sie den Sendern RTL und ntv. Die geplanten Zahlungen hätten die Unterstützung von Merz, Klingbeil und auch von Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU), sagte auch sie.
"Diese Zusagen sind natürlich an Bedingungen gebunden, das ist klar", sagte die SPD-Abgeordnete weiter. Die radikalislamische Hamas dürfe "auf keinen Fall eine Rolle spielen in den palästinensischen Gebieten". Türk-Nachbaur äußerte sich optimistisch, dass die Koalitionspartner die Angelegenheit in Gesprächen "gemeinsam lösen" würden. Es gebe darüber "keinen Krach", sondern lediglich "Diskussionsbedarf".
Die im Westjordanland ansässige Autonomiebehörde leidet derzeit unter akuter Geldnot. In deutschen Koalitionskreisen wurde darauf hingewiesen, dass die israelische Regierung die Steuereinnahmen von den Palästinensern in der Westbank nicht mehr an die Autonomiebehörde auszahle. Das führe dazu, dass die Palästinenser-Behörde kurz vor einem Zahlungsausfall stehe. Der öffentliche Dienst wie die Gesundheitsversorgung sei bereits erheblich eingeschränkt, das Schuljahr habe nicht rechtzeitig beginnen können.
Offen für Zahlungen an die Autonomiebehörde zeigte sich vor diesem Hintergrund der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt. Er halte diese "für einen stabilisierenden Faktor in der Region", sagte der CDU-Politiker in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. "In der Sache bin ich der Meinung, muss man darüber reden, wie die Palästinensische Autonomiebehörde, trotzdem sie Geld von Israel nicht bekommt, was ihr eigentlich zusteht, weiter ihre Arbeit machen kann", fügte er hinzu.
Auch Hardt sagte allerdings, es müsse klar sein, wie die Mittel von der Autonomiebehörde eingesetzt würden. "Das ist einhundertprozentig richtig, dass wir wissen müssen, wo das Geld hingeht", verlangte er in der Sendung. Aus der Unionsfraktion hieß es unterdessen, der Widerstand gegen die Zahlungen gehe in erster Linie auf Abgeordnete der CSU zurück.
Aus Koalitionskreisen hieß es dazu, die deutsche Unterstützung sei "ausschließlich für Gehälter von Lehr- und Gesundheitspersonal" im Westjordanland vorgesehen. Gezahlt werden solle sie aus dem Etat des Entwicklungsministeriums über einen Zahlungsmechanismus der EU. Dieser sogenannte Pegase-Mechanismus sehe ein mehrstufiges Prüfverfahren vor, um sicherzustellen, dass die Gelder ordnungsgemäß verwendet werden. Zahlungen in den Gazastreifen erfolgten aus diesen Mitteln nicht.
Die deutsche Zusage geht demnach auf den Besuch Alabali Radovans in den Palästinensergebieten und Israel Ende August zurück. Dabei hatte die Ministerin mit führenden Vertretern der Autonomiebehörde gesprochen. In "Bild" hieß es, die Ministerin habe für die Zahlungen das Einverständnis von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eingeholt.
Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger bezeichnete die Blockade der Hilfen durch die Union als "falsch und auch sicherheitspolitisch kurzsichtig". Es gehe hier darum, "ob Kinder weiter zur Schule gehen können und ob die Gesundheitsversorgung zusammenbricht", mahnte auch sie. Zudem sei die Autonomiebehörde in den Palästinensergebieten derzeit "aktuell die einzige Alternative zu den radikalen Kräften, die auf Gewalt setzen".