Die Autobauer müssten die verschärften Ziele für den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) für ihre Neuwagenflotte "weiter erreichen, aber sie bekommen mehr Spielraum", betonte von der Leyen zum Abschluss ihres "strategischen Dialogs" mit Herstellern wie BMW, Volkswagen, Renault, der Opel-Mutter Stellantis oder Volvo. Stimmen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten ihrem Vorschlag zu, hätten die Konzerne dafür bis 2027 Zeit. Sie könnten dann höhere Emissionen aus diesem Jahr mit niedrigeren bis 2027 verrechnen.
Die EU macht den Herstellern Vorgaben, wie viel Kohlendioxid die von ihnen produzierten Neuwagen im Schnitt höchstens ausstoßen dürfen. Der Durchschnitt für alle Neuwagen sinkt in diesem Jahr von zuletzt 116 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer auf noch 93,6 g/km. Elektroautos gelten als emissionsfrei - sie können etwa mit "schmutzigen" SUVs verrechnet werden.
Große Hersteller wie Volkswagen und Renault haben dennoch Probleme, die verschärften Abgasvorgaben zu erreichen. Sie hatten von Brüssel mehr Flexibilität gefordert, denn bei einem Verfehlen der EU-Ziele drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe.
Umweltschützer kritisierten die geplante Lockerung der Auflagen. Der Verband Transport and Environment (T&E) sprach von einem "beispiellosen Geschenk für Europas Autoindustrie". Greenpeace warf von der Leyen vor, den Trend zum Klimaschutz und zu günstigeren Elektroautos auszubremsen.
Von der Leyen verteidigte ihren Vorschlag dagegen als "ausgewogen". Er sei auch fair gegenüber denen, "die ihre Hausaufgaben erfolgreich gemacht haben". Unter anderem BMW und der Stellantis-Konzern um Fiat, Peugeot und Opel hatten sich gegen mehr Flexibilität für die Konkurrenz ausgesprochen, da sie die neuen EU-Abgasziele erreichen.
Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber kritisierte hingegen, von der Leyens Vorschlag gehe nicht weit genug. "Es bedarf eines großen Wurfs der Kommission, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Autoindustrie zu retten", betonte er. Dafür gehörten auch die Grenzwerte selbst auf den Prüfstand.
Das fordert auch der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA). Es brauche "weitere Maßnahmen und Anpassungen der Gesetze und Regulierungen", erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die für 2026 geplante Überprüfung der Flottengrenzwerte müsse auf 2025 vorgezogen werden.
Von der Leyen will am Mittwoch einen "Aktionsplan" für die Autoindustrie präsentieren. In diesem Rahmen will sie offenbar auch eine mögliche Hintertür für das ab 2035 geltende Verbrenner-Aus öffnen. Sie wolle "die Arbeit an der Überprüfung für 2035 beschleunigen, wobei uneingeschränkte Technologieneutralität ein zentrales Prinzip ist", betonte die Kommissionschefin.
Die EU hat bis 2035 eine Absenkung der Flottengrenzwerte auf 0 Gramm CO2 beschlossen. Technisch können Pkw mit Benzin- oder Dieselantrieb dies nicht erreichen, sie dürften dann nicht mehr neu zugelassen werden. Der VDA fordert unter anderem Ausnahmen für Plugin-Hybride, was in der EU politisch jedoch umstritten ist.
Am Dienstag setzt von der Leyen ihre "strategischen Dialoge" fort. Dann trifft sie Vertreter der kriselnden Stahlindustrie.