Das gespannte Klima im Nahen Osten hat sich am Dienstag in heftigen Unruhen in Ost-Jerusalem und im Gazastreifen entladen. Es gab zahlreiche Festnahmen und Verletzte. Der US-Sondergesandte George Mitchell verschob inmitten des Streits um den geplanten Siedlungsausbau in Ost-Jerusalem kurzfristig seinen für Dienstag geplanten Besuch in Israel.
Zur "Verteidigung Jerusalems" gingen im Ostteil der Stadt zahlreiche Palästinenser auf die Straße. Sie protestierten vor allem gegen die von ihnen als Provokation empfundene Einweihung der restaurierten Hurwa-Synagoge im jüdischen Viertel der Altstadt am Montag. Auch die Organisation der islamischen Konferenz (OIC) protestierte dagegen. In mehreren arabischen Vierteln kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der israelischen Polizei, die nach eigenen Angaben 60 Palästinenser festnahm. 14 Beamte und dutzende Demonstranten wurden verletzt. Ins Krankenhaus eingeliefert wurden vier Beamte und 16 Demonstranten.
Jeder Palästinenser muss sich gegen die Besatzungskräfte erheben
Aus Verärgerung über die Synagogen-Einweihung hatte die radikalislamische Hamas zu einem "Tag des Zorns" aufgerufen. Dem folgten tausende Palästinenser in verschiedenen Städten und Flüchtlingslagern im von der Hamas regierten Gazastreifen. Sie verurteilten zugleich die israelische Siedlungspolitik. Der Vize-Chef des Hamas-Politbüros, Mussa Abu Marsuk, rief zu einer neuen Intifada auf. "Jeder Palästinenser muss sich gegen die Besatzungskräfte erheben", sagte er dem arabischen Sender El Dschasira.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief zur Ruhe und zur Zurückhaltung in Jerusalem auf. Er bekräftigte zugleich, dass der Siedlungsbau in israelisch besetzten Gebieten gemäß internationalem Recht illegal sei. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte die Konfliktparteien auf, sich vollständig für den Friedensprozess im Nahen Osten zu engagieren.
Mitchell sollte ursprünglich in dieser Woche in Israel und im Westjordanland um die Wiederaufnahme indirekter Friedensgespräche werben. Am Morgen habe jedoch die US-Botschaft mitgeteilt, dass Mitchell noch nicht am Dienstag nach Israel komme, erklärte das israelische Präsidialamt. Nach Angaben eines US-Diplomaten wurde die Reise verschoben, weil Mitchell noch an Beratungen in Washington teilnehmen musste. Der Besuch sei nun nach dem Treffen des Nahost-Quartetts am Freitag in Moskau geplant.
Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind in einer tiefen Krise, seit Israel während des Besuchs von US-Vizepräsident Joe Biden vergangene Woche den Bau von 1600 neuen Wohnungen im arabischen Ostteil Jerusalems ankündigte.
Israel hatte im Sechs-Tage-Krieg 1967 den Ostteil von Jerusalem besetzt und später annektiert. Jerusalem wird international nicht als Hauptstadt Israels anerkannt.