Bei einem verheerenden Erdbeben sind am Freitagmorgen im Südosten Irans mindestens 6.000 Menschen ums Leben gekommen. Das teilte die Provinzverwaltung von Kerman mit. Rund 30.000 Menschen wurden verletzt, viele davon schwer. Die historische Stadt Bam wurde fast völlig zerstört. Das Beben, das die Menschen aus dem Schlaf riss, erreichte nach Angaben der Erdbebenwarte in Straßburg die Stärke 6,6 auf der Richterskala. Das Ausmaß der Katastrophe war zunächst nicht absehbar; die Bundesregierung und Bundespräsident Johannes Rau kondolierten Iran und boten die Hilfe Deutschlands an.
Verzweifelte Suche nach Überlebenden
Der Gouverneur der Provinz Kerman, Mohammad-Ali Karimi, sagte, sämtliche Telefonverbindungen zu der rund 100.000 Einwohner zählenden Stadt etwa 1.000 Kilometer südöstlich von Teheran seien unterbrochen. Auch Strom und Wasser funktionierten nicht. Die Häuser der Altstadt von Bam sind aus traditionellen Lehmziegeln gebaut, so dass viele Menschen unter den Trümmern verschüttet wurden. Trauernde Familien versammelten sich um ihre toten Angehörigen, die am Straßenrand lagen. Andere suchten verzweifelt nach Vermissten.
DRK hält sich einsatzbereit
Nach Angaben des Roten Halbmondes waren viele Rettungstrupps mit Suchhunden im Einsatz. "So wie die Stadt gebaut ist, befürchten wir das Schlimmste", sagte ein Helfer. Das Deutsche Rote Kreuz bot seine Hilfe an und hielt sich einsatzbereit, um gegebenenfalls mit Hundestaffeln und Trinkwasseraufbereitungsanlagen in das Krisengebiet zu fahren.
Auch die Krankenhäuser wurden zerstört
In Bam soll es keine ausreichende medizinische Versorgung geben, die zwei Krankenhäuser der Stadt wurden zerstört. In Kerman versammelten sich tausende Menschen, um für die Verletzten Blut zu spenden. Die Krankenhäuser dort sollen überfüllt sein. Es fehlte an Bergungsgerät. Die Angst vor Krankheiten wuchs. Die Behörden baten um ausländische Hilfe, um Epidemien durch verschmutztes Trinkwasser vorzubeugen.
Bam war Touristenzentrum
Das Epizentrum des Bebens soll fast genau in Bam gewesen sein. Die persische Stadt ist rund 2.000 Jahre alt und gilt als Touristenattraktion. "Unser Lebenswerk liegt nun in Trümmern, und unsere Haupteinkommensquelle (Tourismus) ist fort", sagte ein Bewohner.
Rau und Schröder boten Hilfen an
Bundespräsident Rau sprach dem iranischen Präsidenten Mohammed Chatami seine Anteilnahme aus und bot materielle Hilfe an. Bundeskanzler Gerhard Schröder schrieb an Chatami: "Das deutsche Volk fühlt in dieser schweren Stunde mit Ihnen. Seien Sie versichert, dass wir nach Kräften darum bemüht sein werden, Ihnen jede erforderliche humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen."
Atomkraftwerk nicht betroffen
Der russische Zivilschutz schickt zwei Transportflugzeuge mit Hilfsgütern in die Region. Auch Spanien bot Unterstützung an. Das einzige Atomkraftwerk Irans ist nach Angaben russischer Experten nicht betroffen. Die noch im Bau befindliche Anlage in Buschir am Persischen Golf liegt etwa 600 Kilometer westlich vom Epizentrum des Bebens.
Erdbeben sind dort keine Seltenheit
Iran wurde in den vergangenen Jahren immer wieder von schweren Erdstößen heimgesucht, die Stärke 6 ist dabei keine Seltenheit. "Dort bebt es ständig", sagte Professor Jochen Zschau vom Geoforschungsinstitut Potsdam. "Die arabische Platte schiebt sich etwa zwei bis drei Zentimeter im Jahr unter das iranische Hochland." 1990 ereignete sich das schwerste Beben des Jahrhundert der Region: Zwischen 40.000 und 50.000 Menschen starben. Danach half das Deutsche Rote Kreuz vor Ort, Suchhunde für den Katastrophenfall auszubilden.