Mögliche Ermittlungspanne Hinweis auf vermissten Marvin schon vor Monaten eingegangen – "abgelegt ohne weitere Maßnahmen"

Kinderpornografie-Durchsuchung: Junge im Schrank gefunden
© DPA
Bei der Durchsuchung der Wohnung eines 44-Jährigen in Recklinghausen wegen Kinderpornografie-Verdachts am Freitag hat die Polizei einen seit längerem vermissten 15-Jährigen entdeckt.


O-TON Andreas Schulte-Wilming-Weber, Polizei Recklinghausen "Dann war es so, als die Wohnung betreten worden ist, untersucht man üblicherweise auch Schränke und Schubladen. Und in einem Schrank ist dann auch der 15-Jährige gefunden worden. Das war für die Kollegen sehr überraschend, weil es im Hinblick auf den 15-Jährigen keine Informationen gab, dass er sich hier aufhalten könnte."


Der Junge war nach Angaben der Polizei vor etwa zwei Jahren verschwunden. Es sei auch öffentlich nach ihm gesucht worden.


O-TON Andreas Schulte-Wilming-Weber, Polizei Recklinghausen "Es ist aber so, dass er sich offensichtlich freiwillig in der Wohnung aufgehalten hatte. Es gibt keine Hinweise, dass er gegen seinen Willen festgehalten worden ist. Offensichtlich hat er sich dort freiwillig aufgehalten."


Der 44-Jährige wurde vorläufig festgenommen. Er steht unter Verdacht, kinderpornografische Schriften verbreitet zu haben. In seiner Wohnung seien technische Geräte sowie Datenträger sichergestellt worden. Die Durchsuchungen nach möglichen Beweismitteln ging auch am Samstag weiter.
Schon im Sommer soll es laut Polizei einen Hinweis zum Aufenthalt des damals vermissten 15-jährigen Marvin aus Recklinghausen gegeben haben. Dem wurde aber wohl nicht nachgegangen.

Bei der jahrelangen Suche nach einem verschwundenen Jungen im Ruhrgebiet, der vergangene Woche gefunden worden war, hat es möglicherweise eine Ermittlungspanne gegeben. Nachdem Ende Juli 2019 in der ZDF-Sendung "Aktenzeichen XY... ungelöst" nach dem 15-Jährigen gesucht wurde, sei bereits ein Hinweis eingegangen, dass er sich in der Wohnung eines 44-Jährigen in Recklinghausen aufhalte. Das teilte die Polizei am Dienstag mit. 

Derzeit werde polizeiintern geprüft, ob das Polizeipräsidium Duisburg diesem Hinweis mit der gebotenen Konsequenz nachgegangen sei. Dabei sei auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, sagte ein Polizeisprecher in Recklinghausen. "Der Hinweis ist wohl abgelegt worden ohne weitere Maßnahmen", bestätigte ein Duisburger Polizeisprecher. 

Marvin wurde im Schrank eines Mannes entdeckt

Warum dem Hinweis nicht nachgegangenen worden sei, werde nun untersucht. Dazu habe Duisburg von den Kollegen in Recklinghausen wieder die Akte des Jungen angefordert. Außerdem müssten Kollegen befragt werden. Ein Ergebnis werde wohl erst nach Weihnachten vorliegen, sagte der Duisburger Polizeisprecher.

Entdeckt worden war der gut zweieinhalb Jahre vermisste Jugendliche erst am vergangenen Freitag bei einer polizeilichen Durchsuchung in der Wohnung des 44-Jährigen. Der Mann sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der 15-Jährige war in einem Schrank versteckt, er kam in eine jugendpsychiatrische Klinik, wo er auch Weihnachten verbringt. 

Polizisten gehen in das Haus in Recklinghausen, in dem Marvin entdeckt wurde
Der 15-jährige Marvin wurde in der vergangenen Woche aus einem Haus in Recklinghausen befreit. Hätte das schon früher geschehen können?
© Marcel Kusch / DPA

Der Mann war wegen des Besitzes von Kinderpornografie bereits im März 2018 zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Ermittler des Fachkommissariats für Sexualdelikte hatten die Wohnung des 44-Jährigen später auf der Suche nach Abbildungen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs dann erneut ins Visier genommen. Der zufällig in dem Schrank entdeckte Jugendliche soll sich mindestens während der vergangenen zwei Jahre in der Wohnung des Verdächtigen in Recklinghausen aufgehalten haben. 

Der Junge war im Juni 2017 im Alter von 13 Jahren aus einer Wohngruppe in Oer-Erkenschwick verschwunden. Nach ihm wurde bundesweit gesucht. Es sei unklar, wann er wieder zurück zu seiner Mutter könne, sagte ein Behördensprecher in Recklinghausen: "Die Entscheidung, was mit dem Jungen passiert, wird eine ärztliche sein und keine polizeiliche."

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wue

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