Bei dem wahrscheinlich bisher schwersten Flugzeugunglück in Brasilien sind nach Schätzungen der Feuerwehr in São Paulo etwa 200 Menschen ums Leben gekommen. Ein Airbus A320 der brasilianischen Fluggesellschaft TAM war am Dienstagabend nach einem Inlandsflug bei der Landung in São Paulo über die regennasse Landebahn hinausgeschossen, über eine stark befahrene Straße gerutscht und in eine Tankstelle und ein Geschäftsgebäude gerast. Die Maschine und mehrere Gebäude gingen in Flammen auf. Die Rettungskräfte gingen nicht davon aus, dass es unter den 176 Menschen an Bord des Flugzeugs Überlebende gab. Auch in den Gebäuden seien Menschen umgekommen, hieß es.
Schwere Flugzeugunglücke 2006
3. Mai 2006:
Bei einem missglückten Landeanflug auf den russischen Badeort Sotschi werden alle 113 Insassen eines armenischen Passagierflugzeugs vom Typ A-320 in den Tod gerissen.
9. Juli 2006:
Ein Airbus A310 mit mindestens 201 Menschen an Bord kommt am Flughafen der sibirischen Stadt Irkutsk von der regennassen Landebahn ab, durchbricht eine zwei Meter hohe Beton-Barriere, prallt gegen ein Gebäude und geht in Flammen auf.
22. August 2006:
Bei dem Absturz einer Passagiermaschine im Osten der Ukraine kommen alle 170 Insassen ums Leben, darunter 45 Kinder. Die Tu-154 war auf dem Weg vom Badeort Anapa am Schwarzen Meer nach St. Petersburg.
29. September 2006:
Nach der Kollision mit einem Privatjet stürzt eine Boeing 737-800 der Billigfluglinie Gol über dem brasilianischen Amazonas-Gebiet ab, dabei kommen alle 154 Insassen ums Leben.
29. Oktober 2006:
Eine Boeing 737 der privaten Fluggesellschaft Aviation Development Company (ADC) stürzt kurz nach dem Start in der Nähe der Hauptstadt Abuja ab. 96 Menschen sterben.
5. Mai 2007:
Eine Boeing 737-800 der Kenya Airways stürzt kurz nach dem Start in der Küstenstadt Douala in Kamerun auf den Weg nach Nairobi in Kenia in einen dichten Mangrovensumpf. Keiner der 114 Insassen überlebt.
Bis zum frühen Morgen (Ortszeit) wurden nach offiziellen Angaben 40 Leichen geborgen. Das teilte das Sicherheitsministerium des Bundesstaates São Paulo mit. Staatspräsident Luiz Inàcio Lula da Silva ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Die Unglücksursache war zunächst nicht bekannt.
Präsident verspricht Untersuchung
"Da gibt es wohl rund 200 tote Menschen", meldete Feuerwehroberst Manuel Antonio da Silva Araújo vom Unfallort. Rund 400 Feuerwehrmänner sowie Dutzende Notärzte und Polizeibeamte waren im Einsatz. Die Flammen konnten den Medienberichten zufolge binnen weniger Stunden "fast völlig" unter Kontrolle gebracht werden. Das Feuer habe aber ein Gebäude der TAM-Luftfrachtabteilung, in das das Flugzeug gerast war, sowie ein weiteres Geschäftsgebäude und einige angrenzende Häuser weitgehend zerstört. Ein Gebäude sei eingestürzt. Auch mehrere Explosionen seien zu hören gewesen. Anwohner des Stadtteils Moema berichteten von Panikreaktionen.
Lula sei "tief betroffen" und verspreche den Opfern eine eingehende Untersuchung des Unfalls, sagte ein Regierungssprecher in Brasilia. Der Staatschef rief einige seiner Minister noch in der Nacht zu einem Krisentreffen in Brasilia zusammen. Erst im September vergangenen Jahres war Brasilien vom bis dato schlimmsten Flugzeugunfall seiner Geschichte erschüttert worden. Eine Maschine der Airline Gol stieß über dem Amazonas-Urwald mit einer kleineren Privatmaschine zusammen. Alle 155 Insassen des Gol-Flugzeugs starben, die Privatmaschine konnte notlanden. Seitdem sorgten die Fluglotsen des Landes mit Arbeitsniederlegungen und Dienst nach Vorschrift für eine Krise, die bis heute nicht gelöst ist. Die Lotsen fordern bessere Arbeitsbedingungen.
Der städtische Flughafen Congonhas wurde derweil für unbestimmte Zeit geschlossen. Eine längere Schließung sei nicht ausgeschlossen, sagte ein Regierungssprecher. Die Unglücksmaschine war aus der südbrasilianischen Provinzhauptstadt Porto Alegre gekommen. Zum Zeitpunkt des Unglücks regnete es stark, die Landebahn war nass.
Das Flugzeug kollidierte nach Medienberichten bei dem Unfall auch mit einigen Autos, als es über die an den Flughafen grenzende Straße rutschte. Vermutlich habe der Pilot nach gescheiterter Landung noch versucht, durchzustarten, meinten Experten. Die Fluggesellschaft TAM teilte mit, an Bord seien 155 Passagiere, 15 Mitarbeiter von TAM sowie sechs Besatzungsmitglieder gewesen.
Congonhas ist nach Guarulhos der zweitgrößte Flughafen der Wirtschaftsmetropole São Paulo. Erst am Montag war eine andere Maschine bei der Landung in Congonhas von der Landbahn abgekommen. Die Maschine kam erst auf einer Rasenfläche unweit des Absperrzauns um den Flughafen zum Stehen. Am 31. Oktober 1996 war eine Fokker der TAM kurz nach dem Start in Congonhas über Moema abgestürzt. Alle 90 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder sowie drei Menschen am Boden kamen damals ums Leben.