In einem deutschen Magazin für Jäger heißt es dieser Tage nüchtern "Luchsjagd in Schweden beginnt". Was Jagdlaien hierzulande als ungewöhnlich erscheint, da Luchse bei uns sehr selten und stark geschützt sind, gehört in dem skandinavischen Staat zur Normalität. Das weite Land mit seinen ausgedehnten Wäldern ist Heimat vergleichsweise großer Luchspopulationen.
Außergewöhnlich – auch aus schwedischer Sicht – ist jedoch die hohe Zahl der Wildkatzen, die dieses Mal geschossen werden dürfen. Schweden hat Jägern Lizenzen erteilt, insgesamt 201 der Tiere zu töten. Das ist den Meldungen zufolge mehr als doppelt so viel wie in den Jahren zuvor. Als Begründung wird angeführt, die Zahl der Luchse sei in Schweden zuletzt gestiegen, was allerdings in anderen Quellen angezweifelt wird.
Dabei, erklärt das "Jägermagazin", habe jeder Verwaltungsbezirk seine eigene Luchsquote festgelegt. Nicht alle hätten die Quoten erhöht. Geschossen werden müsse zudem nach strengen Vorgaben. Weibchen mit volljährigen Jungtieren sollten "möglichst unbehelligt bleiben", heißt es. Zudem dürften in vielen Landesteilen nur bestimmte Arten von Munition ohne Blei verwendet werden – zum Schutz der Gewässer und Feuchtgebiete.
Die Jagdsaison auf Luchse in Schweden startete am 1. März. Dass in Deutschland darüber in einem Fachblatt informiert wird, dürfte darauf hindeuten, dass es auch hierzulande eine Nachfrage nach der Jagd auf Luchse in Schweden gibt.
Luchs abschießen für eine Trophäe – Hunde treiben die Tiere in die Enge
Hier setzt die massive Kritik an der Regelung an, die Natur- und Artenschützer derzeit äußern. "Es ist eine Trophäenjagd, genau wie die in Afrika auf Löwen", sagte Magnus Orrebrant von der Tierschutzorganisation "Svenska Rovdjursföreningen" dem "Guardian". Es kämen hunderte ausländische Jäger nach Schweden, "weil sie finden, das ist aufregend". Seine Organisation hat eine Petition unter dem Titel "Stoppt die Trophäenjagd auf Luchse in Schweden" gestartet.
Beobachter vermuten, dass Jäger auch deshalb ein starkes Interesse am Abschuss der Tiere hätten, weil ihr Fell jetzt im Winter besonders schön und dicht ist. Die Kritiker sehen einen Bruch internationaler Umweltschutzgesetze und fordern die Europäische Union dazu auf, gegen die Luchsjagd vorzugehen. Besonders schlimm sei auch, dass genau in der kurzen Paarungszeit der Tiere die Jagd stattfinde.
Die Katzen würden mit Hunden gehetzt und in die Enge getrieben, bis sie ein leichtes Ziel zum Abschuss seien. Das sei grausam und unethisch. Zudem verlören immer wieder halbwüchsige Luchse ihre Muttertiere, was deren Überleben erschwere.
Viele Naturschützer in Schweden haben den Berichten zufolge dabei kein generelles Problem mit der Luchsjagd, sondern nur damit, wie massiv sie dieses Jahr stattfindet.
In Deutschland ist der Luchs streng geschützt, allerdings viel seltener als in Schweden
Luchse sind international zwar geschützt. Die konkrete Umsetzung richtet sich jedoch auch nach dem Bestand der Tiere in den jeweiligen Regionen. In Deutschland beispielsweise zählen die großen Katzen mit den Piselohren zu den streng geschützten Arten laut dem Bundesnaturschutzgesetz, und es werden große Anstrengungen unternommen, sie durch spezielle Auswilderungsprogramme wieder anzusiedeln. Auch in einer Reihe anderer europäischer Länder gelten die Tiere als stark gefährdet.
Theoretisch wäre die Jagd auf den Luchs auch bei uns möglich. Denn er wird im Bundesjagdgesetz als jagdbare Art aufgeführt, hat aber keine Jagdzeit. Das bedeutet, die Jagd ist ganzjährig verboten.

In Schweden, wo es etwa 1450 dieser großen Katzen geben soll, wird die Jagd damit begründet, dass die bis zu 40 Kilo schweren Katzen Nutztiere erlegen. Laut EU-Recht dürfen auch grundsätzlich geschützte Tiere in Ausnahmefällen gejagt werden, etwa wenn Schäden an Nutztieren vermieden werden sollen oder es der öffentlichen Sicherheit dient. Die Jäger argumentieren, es gehe um den Schutz von Schafen sowie von Rentieren, die von der Volksgruppe der Samen gehalten werden.
Der schwedische Jägerverband Svenska Jägareförbundet gestand gegenüber dem "Guardian" jedoch ein, Luchse stellten gar keine Gefahr für Menschen dar. Das gelte genauso für de Wolfsjagd in Schweden, die in diesem Jahr ebenfalls massive Ausmaße angenommen hatte. "Bei der Luchsjagd geht es mehr um den Reiz", zitierte die Zeitung einen Berater der Jagdverbandes. "Und für manche Jäger ist das Fell die Motivation."
Quellen: "The Guardian", ORF, "Jägermagazin", "Rovdjur.de", Deutscher Jagdverband, Nabu, Petition bei "Change.org"
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