Raketenstart Letzte Ruhe im Erdorbit

Von Guido Meyer
Zweimal hat das US-Unternehmen Space X versucht, seine Falcon-1-Rakete ins All zu schießen, beim dritten Mal soll es endelich klappen. An Bord ist nicht nur ein Sonnensegel der Nasa, auch die Asche von James "Scotty" Doohan soll damit in Umlaufbahn gelangen - zum zweiten Mal.

Das Schöne an Segeln ist, dass sie sich falten lassen. Und so ist das NanoSail-D zusammengelegt nur so groß wie ein Laib Brot. Daher auch der Name "NanoSail", also 'kleines Segel'. In nur sechs Monaten hat die amerikanische Raumfahrtbehörde Nasa dieses Solarsail entwickelt und gebaut. So wie ein Segelboot auf dem Ozean soll auch das Sonnensegel im Weltraum vom Wind angetrieben werden, in diesem Fall vom Sonnenwind. Die Photonen des Sonnenlichts treffen auf das Segel und blasen es quasi so vorwärts - mit dem Effekt, dass das mit dem Solarsail verbundene Raumschiff durchs All segelt.

Die Faszination, Raumsonden angetrieben vom Sonnenwind in die weit entfernte Regionen unseres Sonnensystems - und darüber hinaus - zu entsenden, reizt Raumfahrtplaner seit Jahren. Praktische Tests Europas, Russlands und der USA haben sich bislang auf Versuche in Vakuumkammern oder missglückte Starts beschränkt. Japan ist das einzige Land, das vor vier Jahren erfolgreich ein Sonnensegel im All entfaltet hat. Nun will die Nasa es erstmals vor Ort, im All, versuchen. Ausgefahren erreicht das Segel eine Größe von rund zehn Quadratmetern, gleichzeitig ist das Solarsail dünner als ein Blatt Papier. Die Folie ist mit Aluminium beschichtet. Funktioniert die Entfaltung im All, dürften die Nasa-Techniker auf dem Boden einen minimalen Geschwindigkeitsschub des Segels beobachten. Dies würde erstmals nachweisen, dass das Prinzip des Sonnensegels im Weltraum funktioniert. Nach zwei Wochen wird NanoSail-D in der Erdatmosphäre verglühen.

Kein Treibstoff nötig

"Das Schöne an einem Solarsail ist, dass es seinen Treibstoff nicht mit sich tragen muss, sondern ihn von der Sonne erhält", sagt Brant Sponberg, Nasa-Manager an deren Hauptsitz in Washington, D.C. "Es genügt uns jedoch nicht, das Prinzip des Sonnensegelns nur in der Erdumlaufbahn zu demonstrieren." Eine mögliche Anwendung wäre, ein Sonnensegel zu einem der Lagrange-Punkte im Weltraum zu schicken, an dem sich die Anziehungskräfte von Erde und Sonne aufheben. Von dort aus hätte es einen permanenten Blickkontakt auf die Pole der Erde. Weil ihre Wissenschaftler auch in der Arktis und in der Antarktis arbeiten, hätte die Nasa gerne eine ständige Verbindung zu ihnen. Derzeit bietet kein Satellit eine derartige Kommunikation.

Bis zu einer solchen Anwendung sind jedoch noch einige Tests mit Sonnensegeln nötig. NanoSail-D wird am dritten Tag nach dem Start mit dem Prozess der Entfaltung beginnen. Die Falcon 1, die das Segel in die Umlaufbahn bringt, ist eine Trägerrakete für leichte Nutzlasten. Sie kann etwa eine halbe Tonne in eine Erdumlaufbahn schießen. "Für unser Unternehmen ist es wirtschaftlich wichtig zu beweisen, dass wir die Technik mit solch einem kleinen System beherrschen", betont Gwynne Shotwell, Vize-Präsidentin der Abteilung für Geschäftsentwicklung des kalifornischen Unternehmens SpaceX. Wenn sichergestellt sei, dass die Falcon 1 einen Orbit erreichen könne, werde sich SpaceX der Falcon 9 zuwenden. Das soll die Rakete werden, die Menschen ins All tragen kann. Oben auf der Falcon 9 soll dann die Dragon-Kapsel sitzen, mit der amerikanische Astronauten in den Weltraum fliegen können.

Bestattung im All

Dorthin wird nach dem Start mit der Falcon 1 auch "Scotty" unterwegs sein - zumindest seine Asche. Der Darsteller des Bordingenieurs "Mr. Scott" aus dem Raumschiff Enterprise, James Doohan, war vor drei Jahren gestorben. Seine Asche wurde bereits bei einem Flug auf einer Parabelbahn um die Erde geschickt, nach dem Wiedereintritt in die Atmosphäre wurde sie geborgen. Nun soll die Asche endgültig hinauf. Seine Witwe, Wende Doohan, jedoch sagt, er habe immer schon ins All fliegen wollen - also warum nicht jetzt. Mehr als 5000 Dollar zahlte sie an Charles Chefer, der das Bestattungsunternehmen "Spaceservices" leitet. "Die Menschen sehen nachts den Sternenhimmel und sagen 'dort oben soll mein Andenken aufbewahrt werden'", schwärmt Chefer. Es sei nur natürlich, dass jemand, der sein ganzes Leben lang in den Weltraum fliegen wollte, eins mit dem All sein möchte. "Das ist genauso wie bei Menschen, die ihre Asche über dem Ozean verstreut sehen wollen."

1998 hatte Spaceservices die Asche des Kometenforschers Eugene Shoemaker zum Mond geflogen. 2011 wollen sie erstmals den Voyager-Service anbieten, der das Erde-Mond-System verlassen und in die Tiefen des Alls vordringen soll. Die Kosten für ein Begräbnis in der Umlaufbahn betragen 5300 Dollar, was etwa einer konventionellen Bestattung entspricht. Die Preise für den Mond- und den Voyager-Service liegen bei 12.500 Dollar.

Beim für 2010 geplanten nächsten Mond-Begräbnis wird die Asche von Mareta West mit an Bord sein, einer Geologin der Nasa, die in den 60ern die Landestellen der Apollo-Missionen auf dem Mond ausgesucht hat. Der Service soll aber nicht nur Wissenschaftlern, Astronauten und Schauspielern offenstehen, so Charles Chefer. Es sei "ein sehr demokratischer Prozess" und es sei nur eine Frage der zeitigen Reservierung. Die "Kunden" von Spaceservices kämen aus der ganzen Welt, und es seien keinesfalls nur Menschen, die direkt mit dem Raumfahrtprogramm zu tun haben. "Wir haben Restaurant-Besitzer dabei, Fernfahrer und leider auch Kinder." Mit Scottys Mission knüpft die Firma Spaceservices an ihren ersten Flug vor elf Jahren an, auf dem die Asche des Startrek-Erfinders Gene Roddenberry ins All geflogen wurde. Die Enterprise-Besatzung scheint sich zum guten Kunden der außerirdischen Totengräber zu entwickeln.

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