Bedrohte Art "Meilenstein": Europäischen Forschern glückt Embryo-Transfer bei Nashörnern

Bedrohte Art: "Meilenstein": Europäischen Forschern glückt Embryo-Transfer bei Nashörnern
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Seitdem es Menschen auf der Erde gibt, sind noch nie so viele Tiere und Pflanzen ausgestorben wie jetzt. Wir bringen Erderwärmung, Abholzung, Überfischung. Unzählige Tierarten sind dem schon zum Opfer gefallen. Auch das nördliche Breitmaulnashorn steht kurz vor dem Aussterben. Weltweit gibt es nur noch zwei Exemplare - und beide sind Weibchen. Vor kurzem ist es Wissenschaftlern nun erstmals gelungen, einen im Reagenzglas erzeugten Embryo erfolgreich auf eine Leihmutter zu übertragen. Dabei hat es sich zwar um ein weniger stark bedrohtes, südliches Breitmaulnashorn gehandelt. Das Know-How aber soll am Ende vor allem dem nördlichen Verwandten zugute kommen, erklärt Projektleiter Thomas Hildebrandt. Thomas Hildebrandt, Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung "Die Eltern von diesem Embryo, den wir in Kenia transferiert haben, leben hier in Europa, in Belgien und in Salzburg. Das waren die Eizellspenderinnen und der Spermaspender. Diese Embryonen wurden in Italien erzeugt und wir haben sie dann gemeinsam mit unseren kenianischen Kollegen in eine sogenannte Leihmutter im September eingepflanzt." Leider verstarb die trächtige Nashornkuh in Kenia an einer plötzlichen Infektion - und mit ihr der kaum 70 Tage alte Fötus. Für die Wissenschaftler aber war klar, dass sie auf einem gangbaren Weg waren. "Wir haben auch noch Eizellen von dem letzten gesunden nördlichen Breitmaulnashorn entnehmen können. Es waren 15 Eizellen und eine von diesen Eizellen hat sich in einen wunderschönen Embryo entwickelt, sodass wir heute auch berichten können, dass wir 30 nördliche Breitmaulnashorn-Embryonen besitzen." Bis die Methode am Ende mit einem munteren nördlichen Nashornbaby belohnt wird, dürfte es noch eine Weile dauern. Die Wiederauswilderung der mit diesem großen Aufwand gezüchteten Tiere soll einer Vielzahl von Arten zu Gute kommen, die aufeinander angewiesen sind. Pflanzen, Insekten, Reptilien stehen direkt oder indirekt mit dem Nördlichen Breitmaulnashorns im Zusammenhang.
Das nördliche Breitmaulnashorn steht kurz vor dem Aussterben: Weltweit gibt es nur noch zwei Exemplare – beides Weibchen. Nun gelang es erstmals, einen Nashorn-Embryo in einer Leihmutter wachsen zu lassen.

Wissenschaftlern ist nach eigenen Angaben ein "Meilenstein" im Bemühen um die Rettung des vom Aussterben bedrohten Nördlichen Breitmaulnashorns gelungen. Forscher des Projekts Biorescue schafften es nach Angaben vom Mittwoch erstmals, einen durch künstliche Befruchtung erzeugten Embryo erfolgreich in ein Nashorn einzusetzen. Es handelt sich demnach um ein Südliches Breitmaulnashorn, dem ein Embryo derselben Art eingesetzt wurde.

Jedoch könnte diese Technik den Forschern zufolge in Zukunft auch ihrem nördlichen Verwandten helfen, von dem es nur noch zwei weibliche Exemplare gibt. Der Embryo des Südlichen Breitmaulnashorns wurde in vitro aus Eizellen und Spermien erzeugt und im September in eine Leihmutter in Kenia übertragen. Das Nashorn war demnach 70 Tage trächtig, bevor es an einer bakteriellen Infektion starb. Der mehr als sechs Zentimeter große, männliche Embryo sei gut entwickelt gewesen. "Wir haben etwas erreicht, was nicht für möglich gehalten wurde", sagte Projektleiter Thomas Hildebrandt vor Journalisten in Berlin. Die Befruchtung eines Südlichen Breitmaulnashorns mit einem Embryo derselben Art sei ein "Meilenstein" auf dem Weg, den stark bedrohten nördlichen Vettern zu helfen.

Zuchtprogramm soll bedrohte Nashornart retten

Das Biorescue-Erhaltungsprogramm erzeugte seit 2019 demnach 30 Embryonen des Nördlichen Breitmaulnashorns und konservierte sie in flüssigem Stickstoff, wo sie auf den Transfer in Leihmütter warten. Im nächsten Schritt des ehrgeizigen Zuchtprogramms wollen die Wissenschaftler versuchen, den Embryo eines Nördlichen Breitmaulnashorns in eine Leihmutter der eng verwandten südlichen Art zu übertragen. Das Reproduktionsprogramm ist die letzte Überlebenschance für die Tiere. Keines der verbliebenen Nördlichen Breitmaulnashörner - Mutter Najin und Tochter Fatu - ist in der Lage, ein Kalb auszutragen. Das letzte Männchen mit dem Namen Sudan starb 2018 in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia, wo Najin und Fatu unter 24-Stunden-Bewachung leben, um sie vor Wilderern zu schützen. Außerdem werden Zellen von zwölf verschiedenen Nördlichen Breitmaulnashörnern in flüssigem Stickstoff gelagert.

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Wilderei dezimierte Bestand dramatisch

Das Forscherteam setzte sich Hildebrandt zufolge zum Ziel, "in den nächsten zwei bis zweieinhalb Jahren Nördliche Breitmaulnashornkälber" hervorzubringen. Es könnte auch länger dauern. Nach Angaben des Experten könnte die Technologie als Modell auch für andere gefährdete Nashornarten dienen, beispielsweise für das Sumatra-Nashorn in Südostasien. Nashörner haben nur sehr wenige natürliche Fressfeinde, aber ihr Bestand wurde seit den 70er Jahren durch Wilderei dezimiert. Schätzungen zufolge lebte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch mehr als eine Million in freier Wildbahn. Das BioRescue-Projekt unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin entwickelt und erprobt Technologien, um den Zuchterfolg von Südlichen Breitmaulnashörnern in menschlicher Obhut zu verbessern und das Nördliche Breitmaulnashorn vor dem Aussterben zu bewahren.

AFP · Reuters
mth

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