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"Blutfreitag" in Syrien Assads Heckenschützen empören Obama

Mindestens 70 Menschen sterben auf den Straßen Syriens durch die Waffen von Heckenschützen in Zivil. Unter den Opfern sind auch Kinder. Das brutale Vorgehen des Regimes von Präsident Assad sorgt international für scharfe Proteste.

Der Karfreitag wird als "Blutfreitag" in die Geschichte Syriens eingehen: Mindestens 70 Menschen sind beim bisher brutalsten Einsatz syrischer Sicherheitskräfte gegen regierungskritische Demonstranten getötet worden. Landesweit waren Hunderttausende auf die Straße gegangen, um für mehr Demokratie und gegen die Gewaltherrschaft von Präsident Baschar al-Assad zu demonstrieren - so viele wie noch nie.

International wurde das brutale Vorgehen des syrischen Sicherheitsapparats scharf verurteilt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ein sofortiges Ende der "anhaltenden Gewalt gegen friedliche Demonstranten". US-Präsident Barack Obama sagte: "Dieser ungeheuerliche Einsatz von Gewalt zur Unterdrückung der Proteste muss jetzt beendet werden." Die Aufhebung des jahrzehntelangen Ausnahmezustandes in Syrien und die Ankündigung der Regierung, friedliche Demonstrationen zulassen zu wollen, seien angesichts der brutalen Unterdrückung der Proteste nicht glaubhaft, erklärte er.

Totes Kleinkind, Hunderte Verletzte

Amnesty International gab die Zahl der getöteten Demonstranten mit mindestens 75 an. Syrische Menschenrechtsaktivisten sagten, dass mindestens 70 Menschen getötet worden seien. Allein in der südlichen Stadt Asraa starben mindestens 18 Demonstranten. Darunter war ein einjähriges Kleinkind, wie eine Menschenrechtsanwältin in Damaskus sagte. In den Vorstädten von Damaskus wurden mindestens sieben, in der nördlichen Stadt Homs 16 Menschen getötet. Hunderte Demonstranten erlitten Verletzungen, allein gut 100 in Homs.

Wo es Tote gab, war das Muster laut Augenzeugen immer gleich: Nicht Polizisten in Uniform feuerten die tödlichen Schüsse ab, sondern Heckenschützen in Zivil, die auf Hausdächern lauerten und willkürlich in die Menschenmengen schossen, um Panik und Furcht auszulösen. In Homs seien dadurch so viele Menschen verletzt worden, dass Ärzte unter den Demonstranten in den Gassen der Altstadt improvisierte Lazarette einrichteten, erzählte eine Augenzeugin der BBC.

Heckenschützen vom Geheimdienst?

Die Regimemedien bezeichneten die Heckenschützen als "unidentifizierte Bewaffnete". Etliche davon seien von den Sicherheitskräften festgenommen worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Nach Einschätzung der Aktivisten sind aber die Heckenschützen Teil des mächtigen Geheimdienstes.

In Damaskus setzten die uniformierten Sicherheitskräfte Tränengas gegen die Kundgebungsteilnehmer ein, sagten Augenzeugen. Die Demonstranten wollten von mehreren Vorstädten aus ins Stadtzentrum vordringen, wurden aber von Polizei- und Geheimdienstaufgeboten mit Gewalt daran gehindert.

Aufhebung des Ausnahmezustands kommt zu spät

Syriens Staatschef Assad war mit der Aufhebung des Ausnahmezustands am Donnerstag einer zentralen Forderung der Demonstranten entgegengekommen. Die kriegsrechtsähnliche Gesetzgebung hatte es dem Regime ermöglicht, Bürger willkürlich zu verhaften und jede politische Opposition mit behördlichen und geheimdienstlichen Mitteln zu verfolgen.

Doch wie die Eskalation der Gewalt am Freitag zeigte, dürften die neuen Maßnahmen des Präsidenten zu spät gekommen sein. Die Gewalt der Sicherheitskräfte, der seit Beginn der Proteste nun schon rund 300 Menschen zum Opfer fielen, hat die Demonstranten radikalisiert. Verlangten die Proteste bislang nur echte Reformen und Freiheiten, so dominierten am Freitag bereits die Forderungen nach dem Rücktritt Assads und nach einem Regimewechsel.

fw/DPA DPA

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