11. September 2001: Die Terroranschläge auf das World Trade Center schrecken nicht nur die USA auf, sondern auch die Nato. Das komplette transatlantische Bündnis versteht sich als angegriffen und es kommt zum ersten Bündnisfall seiner Geschichte. Etwa vier Wochen nach den Angriffen holen die USA zum Gegenschlag aus und führen Krieg gegen Afghanistan. Zunächst beschießen sie nur Kabul und Kandahar und die Nato hält sich im Hintergrund in der Rolle des Beobachters. Die USA zielen darauf den Terrorismus zu bekämpfen und durch die Gefangennahme Osama bin Ladens, der sich zu dem Zeitpunkt in Afghanistan aufhält, die Sicherheit in der Welt wieder zu stabilisieren.
Der gefährlichste Bodeneinsatz in der Geschichte der Nato
Bisher lag die Aufgabe der Nato darin, die Sicherheit im relativ ruhigen Norden und Westen, sowie in der Hauptstadt Kabul zu gewährleisten. In diesen Gebieten sind auch deutsche Soldaten im Einsatz, die von der Isaf unterstützt werden. Am 31. Juli 2006 soll die Nato nun auch die Verantwortung für die Sicherheit im unruhigen Süden übernehmen. Keine ungefährliche Aufgabe, denn dort könnten europäische Soldaten in Kämpfe mit der Taliban und Al-Kaida verwickelt werden, die ihre Hochburgen im Süden haben. Es kommt erschwerend hinzu, dass die Terrororganisationen seit einigen Wochen wieder aktiv gegen ausländische Soldaten und Regierungseinrichtungen vorgehen. Allein dieses Jahr starben bereits 60 ausländische Soldaten in Afghanistan. Ziel der Nato ist es, das vom Krieg zerstörte Land wieder aufzubauen und eine Infrastruktur mit Schulen, Krankenhäusern und Straßen zu installieren. Daraus erhofft man sich eine allgemeine Verbesserung der Sicherheitslage, da die Aufständischen im Idealfall ihren Rückhalt in der Bevölkerung verlieren und zusätzlich die Position des Präsidenten Hamid Karsai gestärkt werde.
Mit zu wenigen Truppen Entschlossenheit beweisen
Die Nato ist sich darüber im Klaren, dass wenn sie bei ihrem Vorhaben scheitert, ihre wichtige Rolle seit dem Ende des Kalten Krieges erschüttert wird. Allerdings ist ein Scheitern nicht auszuschließen, denn Fakt ist, dass die Problematik mit der Taliban und Al-Kaida nicht das einzige ist, was die Nato belastet. Beispielsweise sind etwa 19.000 Soldaten für ein Land vorgesehen, das etwas größer ist als Frankreich. (Zum Vergleich: Nach dem Ende des Balkankriegs in den 1990ern wurden 60.000 Mann im vergleichsweise kleinen Bosnien stationiert.) Die Nato selbst verweist zwar darauf, dass sie bei ihrem geplanten Einsatz von der afghanischen Armee unterstützt werde, doch "es gibt nicht genug Truppen, um es ordentlich zu machen", kommentierte Sean Kay von der Wesleyan-Universität im US-Bundesstaat Ohio. Michael Williams vom Royal United Services Institute sagt ebensall, es fehle der Nato an Soldaten und Ausrüstung.
Man ist dennoch zuversichtlich
Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer rechnet trotz der gefährlichen Aufstände im Süden damit, dass sich die Sicherheitslage schon bald verbessern werde. Der afghanische Verteidigungsminister Rahim Wardak stimmt de Hoop Scheffer zu und glaubt, dass die Breite der Anschläge bald abnehmen werde. Zudem werden US-Truppen den Kampf gegen Taliban und Al-Kaida fortsetzen, was aber nichts daran ändert, dass weder Nato noch Isaf über ausreichend Soldaten und Reserven verfügen. Der Isaf-Oberkommandierende David Richards warnte, dass es an Flugzeugen mangele und kommentierte den geplanten Einsatz mit "Wir sind einsatzfähig, aber wir könnten besser sein." Selbst Afghanistans Präsident Hamid Karsai merkt an, dass die Sicherheitskräfte des Landes besser sein und schneller ausgebildet werden müssten. Bis jetzt sind seit 2001 mehr als 400 Soldaten aus den USA, Großbritannien, Deutschland und anderen Ländern ums Leben gekommen. Wie sich der Einsatz letztendlich entwickelt, wird sich erst nach Monatsende zeigen. Fest steht, es mangelt an allem: Geld, Soldaten, Reserven ...