Das Paddy’s hat wieder aufgemacht. Die Musikkneipe am Strand der indonesischen Ferieninsel Bali füllt sich mit dem Lachen ausländischer Touristen, die billiges Bier trinken. Eine einheimische Rockband spielt im Hintergrund. Geschäftsführer Gusti Ketut Nurdiade sieht aus, als freue er sich ganz entspannt über die vielen Gäste - aber er ist wachsam: "Ich schaue mir fremde Gäste genau an", sagt er. "Manchmal beginnt mein Herz ganz schnell zu schlagen. Ich weiß nicht, warum."
Das Paddy’s ist einer von zwei Clubs, auf die vor einem Jahr Bombenanschläge verübt wurden. Den schwersten Terrorattacken seit den Anschlägen vom 11. September 2001 fielen am 12. Oktober des vergangenen Jahres 202 Menschen zum Opfer. Das Lokal wurde seitdem wiederaufgebaut, rund hundert Meter vom Standort des alten entfernt. Nurdiade überlebte mit schweren Verbrennungen. "Ich kann nicht aufhören, mir die Fotos von damals anzuschauen", sagt er. "Es ist noch immer sehr traumatisch."
Die meisten Verdächtigen sind hinter Gittern
Wie die ganze Insel braucht der Club-Chef noch eine Weile, um den Schrecken zu verarbeiten. Am ersten Jahrestag der Anschläge sind die meisten Verdächtigen hinter Gittern, drei von ihnen wurden zum Tode verurteilt. Aber der Anschlag auf ein Marriot-Hotel in der indonesischen Hauptstadt Jakarta im August war eine tödliche Mahnung. Hinter den Anschlägen wird die islamistische Gruppierung Jemaah Islamiya (JI) vermutet. Sie soll auch Verbindungen zur Terrorgruppe El Kaida haben.
Balis Polizeichef I Made Pastika warnte am Samstag vor neuen Anschlägen. Noch hundert Mitglieder der JI seien in Indonesien aktiv und sie besäßen große Mengen Sprengstoff. Nach seinen Angaben haben die Islamisten zwei Bomben mit Plastiksprengstoff, die sie vermutlich außerhalb Balis lagern. "Einige der Verdächtigen sind immer noch da draußen, und sie sind geschickter geworden", sagte der Fahndungsleiter.
Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen werden am Wochenende 2.000 Menschen in Bali erwartet, die Angehörigen der Opfer des Anschlags, die ihrer getöteten Verwandten oder Freunde gedenken wollen. Die meisten kommen aus Australien: Unter den Anschlagsopfern waren 88 Australier. Auch der australische Ministerpräsident John Howard wird an einem Gedenkgottesdienst teilnehmen.
Denkmal errichtet
Schon am Freitag zogen Trauergäste zu dem Ort, an dem noch vor einem Jahr die Discothek Sari stand. Im Hof eines nahe gelegenen Tempels wurde ein Denkmal errichtet; ein Granitstein, in den die Namen der 202 Opfer gemeißelt wurden. An der Umzäunung wurden Nachrichten hinterlassen. "Liebe Mama, habe eine gute Nacht im Himmel", steht auf einem Zettel.
Der Abend des 12. Oktober 2002 hatte zunächst ganz normal begonnen. Die Urlauber strömten in die Clubs an der beliebten Kneipenmeile namens Kuta. Die engen Straßen waren wie gewohnt verstopft, auch im Paddy’s und im Sari Club wurde es voll. Gegen 23.00 Uhr drängte ein Indonesier, der später als Iqbal identifiziert wurde, ins Paddy’s und zündete den Sprengstoff, den er in seiner Weste versteckt hatte. Iqbal war der erste indonesische Selbstmordattentäter.
Nach der Explosion stürzten die Leute aus der Kneipe auf die Straßen, viele rannten in den Sari Club. Vor dem hatte unterdessen ein schwarzer Mitsubishi L300 Minibus geparkt, beladen mit 50 Kilogramm Sprengstoff. Die zweite Detonation war weitaus stärker. Die Straßen waren mit Leichen übersät, die umliegenden Gebäude standen in Flammen und die Krankenhäuser füllten sich mit Verletzten. Bei Tagesanbruch war dort, wo der Sari Club stand, nur noch ein Krater.
"Bestrafung" für den Westen
Weniger als einen Monat später machten die indonesischen Sicherheitskräfte, die von der australischen Bundespolizei unterstützt wurden, die erste von 35 Verhaftungen. Seitdem wurden 21 Personen wegen ihrer Mittäterschaft verurteilt. Die Attentäter sagten aus, die JI habe die Anschläge finanziert und in Auftrag gegeben. Der Westen solle bestraft werden, weil er Muslime ungerecht behandele.
Im neuen Paddy’s ist die Stimmung gut. Ein Gast namens John erhebt sein Glas und ruft unter lauten Beifall: "Erzählt den Terroristen, dass wir zurück sind. Wir wollen ihnen zeigen, dass wir gewonnen haben."