Berlusconi-Nachfolge Ex-EU-Kommissar Monti gilt als heißer Favorit

Nach der Rücktrittsankündigung von Regierungschef Silvio Berlusconi muss Italien so schnell wie möglich eine neue politische Lösung finden. Mario Monti wird als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge gehandelt.

Angesichts wachsenden Drucks der Finanzmärkte zeichnet sich in Italien die rasche Bildung einer neuen Regierung ab. Als Favorit für die Nachfolge von Ministerpräsident Silvio Berlusconi wurde am Donnerstag der langjährige EU-Kommissar Mario Monti gehandelt. Die Börse in Mailand quittierte die Entwicklung mit Kursaufschlägen, die Kosten für Italiens Kreditaufnahme an den Finanzmärkten sanken.

Die Berlusconi-Partei Volk der Freiheit schien nicht mehr auf sofortigen Neuwahlen zu bestehen. Auch Berlusconi selbst neige jetzt zu der Ansicht, dass die Bildung einer neuen Regierung besser für das Land sei, verlautete aus Parteikreisen. Fraktionschef Fabrizio Cicchitto sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Partei diskutiere zwei Optionen: "Wir müssen entscheiden, ob wir für Neuwahlen sind oder für eine Monti-Regierung". Bislang lehnte die Partei die Bildung einer neuen Regierung strikt ab und verlangte Neuwahlen als Ausweg aus der Krise. Präsident Giorgio Napolitano hatte Monti am Mittwoch zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Dies wurde als Signal dafür gewertet, dass er diesen nach dem Rücktritt Berlusconis mit der Regierungsbildung beauftragen könnte.

Die Finanzmärkte hatten sich seit Wochen für den 68-jährigen Monti, der derzeit Präsident der Mailänder Bocconi-Universität ist, starkgemacht. Ihm wird am ehesten zugetraut, eine Regierung der nationalen Einheit zu führen und die massiven Sparmaßnahmen durchzusetzen. Ein Vertreter der jetzigen Regierungspartei Lega Nord kündigte jedoch bereits an, im Falle einer Regierung unter Monti in die Opposition zu gehen.

Berlusconis Rücktrittsankündigung beflügelt Mailänder Leitindex

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderte Italien auf, rasch für politische Klarheit zu sorgen. Die Unsicherheit darüber, wer Berlusconi als Regierungschef nachfolgen solle, um das hoch verschuldete Land aus der Krise zu führen, heize die Volatilität an den Finanzmärkten an. EU-Kommissar Olli Rehn drängte das Land zu entschlossenen Einsparungen und Reformen. Die bisherigen Ankündigungen dazu seien nicht ausreichend. Der Wettbewerb in der Wirtschaft müsse stärker angekurbelt werden, die Rentenreform könne weiter gehen und die Steuerlast müsse von Arbeitseinkommen auf Konsum umgelenkt werden.

Das Parlament soll bis Sonntag Reformen verabschieden, mit denen das Wachstum gefördert und die Staatsfinanzen gestützt werden sollen. Berlusconi hat zugesagt, nach der Parlamentszustimmung zum dem Maßnahmenpaket sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Die Hoffnung auf die baldige Bildung einer neuen Regierung gab dem Aktienmarkt einen deutlichen Schub. Der Mailänder Leitindex kletterte um rund eineinhalb Prozent, nachdem er am Vortag noch um knapp vier Prozent abgerutscht war. Die Renditen auf zweijährige italienische Staatsanleihen fielen wieder unter die als kritisch angesehene Marke von sieben Prozent.

Reuters
jwi/Reuters