Die Organisation hat dem in Ägypten regierenden Obersten Militärrat schwere Menschenrechtsverstöße vorgeworfen. "Die Menschenrechtslage ist in einigen Fällen sogar schlechter als früher", erklärte der Ägypten-Experte bei der Organisation, Henning Franzmeier, anlässlich eines Berichts zur Rechtslage in dem Land. Er nahm damit Bezug auf die Zeit vor dem im Februar gestürzten Staatschef Husni Mubarak. Dem Bericht zufolge wurden in den vergangenen Monaten rund 12.000 Zivilisten wegen Vorwürfen wie "rücksichtsloses Verhalten, Missachtung der Ausgangssperre, Sachbeschädigung oder Beleidigung der Armee" vor Militärgerichte gestellt. 13 Menschen seien zum Tode verurteilt worden.
Wie gerade am vergangenen Wochenende löse der Oberste Militärrat "friedliche Proteste regelmäßig gewaltsam auf". Zudem seien die Notstandsgesetze noch immer nicht aufgehoben worden. "Die neuen Machthaber haben einfach die Tradition der Unterdrückung aus der Mubarak-Ära fortgesetzt", erklärte Franzmeier. Unter Berufung auf Betroffene in Polizeigewahrsam berichtete Amnesty weiter, dass auch Folter zu den Methoden des Militärs gehöre. "Das ägyptische Militär darf die Sicherheit nicht als Vorwand nutzen, um altbekannte Praktiken, wie wir sie unter Mubarak erlebt haben, einfach fortzusetzen." Die neuen Machthaber des Landes seien ihren Versprechen, die Menschenrechte zu achten, "in keiner Weise nachgekommen".
Seit Tagen gehen in Ägypten die Menschen aus Protest gegen die Macht des Militärs auf die Straßen. Seit Samstag starben bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften neuen Angaben zufolge mehr als 20 Menschen. In einer Woche soll in dem Land die Parlamentswahl beginnen. Es ist die erste Wahl seit dem Sturz Mubaraks im Februar.