Anna Dovbysh erlebt in Kiew den Angriff Russlands am eigenen Leib. Sie evakuiert sich und ihre 87-jährige Oma. Dann flieht sie aus der Ukraine. Auf Instagram teilt sie den Horror des Kriegs und nimmt uns mit auf ihre Flucht ins Ausland. Ein stern-Videotagebuch.
Bomben in Kiew Als Anna aufwacht, ist plötzlich Krieg: Ein Bericht über Bomben-Horror und eine dramatische Flucht

Krieg in der Ukraine: Anna Dovbysh hat den Angriff Russlands live miterlebt
Sehen Sie im stern-Videointerview: "Jeden Moment kannst du sterben" – Ukrainerin erlebt den Horror des Kriegs am eigenen Leib.
Mein Name ist Anna Dovbysh. Ich bin ukrainische Staatsbürgerin und 29 Jahre alt. Ich arbeite als Content-Managerin und Texterin. Ich bin derzeit in Prag bei einer Freundin. Ich bin hier gestern oder vorgestern angekommen. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Davor war ich in einer Flüchtlingsunterkunft an der rumänischen Grenze. Das alles ist Teil meiner mehrtägigen Flucht aus Kiew.
Ich kann mich deutlich an die ersten Minuten des Krieges erinnern. Ich glaube, ich werde sie nie wirklich vergessen. Ich wurde um 5:00 Uhr von einem Nachbar, der an meine Tür geklopft hat, geweckt. Ich hatte fest geschlafen und mein Telefon war im Flugmodus. Meine Eltern konnten mich deshalb nicht erreichen. Als ich die Tür öffnete, war das erste, was er sagte: "Der Krieg hat begonnen." Und ich konnte es nicht glauben. Ich konnte es einfach nicht fassen. Dann rief ich sofort meine Eltern an und sie sagten mir, ich müsse alles packen. Ich solle meine Oma, die bei mir in der Nähe lebt, abholen und sie evakuieren. Also habe ich acht Koffer in 20 Minuten gepackt.
Es war sehr schwer, weil ich meine Oma überzeugen musste, zu gehen. Aber es hat geklappt. Zum Glück konnte uns ein Freund aufs Land bringen, wo meine Eltern leben. Da waren wir dann alle zusammen.
Es ist 5:35 Uhr und wir verstecken uns jetzt unter unserem Haus, weil wir sehr, sehr heftige Explosionen gehört haben. Das war so beängstigend. Wie etwas, das ich in meinem Leben noch nie zuvor gehört habe.
Du fühlst dich buchstäblich so, als könntest du jeden Moment sterben. Die Explosionen sind so gewaltig und laut, dass unsere Fenster bebten. Die Metalltür unseres Kellers hat gezittert. Dein Herz hört auf zu schlagen. Es macht dich einfach verrückt, weil du in jedem Moment auf eine weitere Bombe wartest. Als die Bombardierungen wieder losgingen, bin ich einfach zu Boden gefallen und konnte mich nicht mehr bewegen. Ich fing einfach an zu weinen. Es ist schrecklich. Es ist sehr traumatisierend. Es ist. Ja, es ist ... es ist schrecklich.
Am Anfang blieben wir im Haus und konnten nicht raus, weil es zu gefährlich war. Ein paar Tage später wurde uns klar, dass uns das Essen ausgeht. Also haben ich und mein Vater beschlossen, zu checken, ob noch irgendwelche Geschäfte geöffnet sind. Wir waren etwas außerhalb von Kiew, also waren Lebensmittellieferungen wahrscheinlich noch nicht durchgekommen. In dem einen Shop stand einfach nur ein Joghurt im Regal. Ein einziger Joghurt. Und ich war zutiefst geschockt. Ich dachte wirklich, dass wir verhungern würden. Dann sind wir zu einem anderen Supermarkt gefahren und mussten lange anstehen, um überhaupt reinzukommen. Der Supermarkt hat selbst etwas Brot gebacken und die Leute kämpften darum, weil jede Person nur ein oder zwei Laibe bekommen sollte. Das war wirklich heftig. Solche Situationen – in denen Nahrung fehlt – zeigen, wie Leute ihren Verstand verlieren. Der Krieg hat so viele Facetten. Es geht nicht nur um die eigentlichen Kampfhandlungen. Es geht auch darum, die Menschlichkeit der Bevölkerung zu brechen und sie zu solchen paranoiden, hungrigen Monstern zu machen.
Das war wie die schwierigste Entscheidung, die ich je in meinem ganzen Leben treffen musste. Als ich meinen Vater verließ, als wir wegfuhren, stand er da und hat uns gewunken. Ich konnte einfach nicht aufhören, zu weinen. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wiedersehe. Meine Oma, mein Bruder und seine kleine Tochter, die erst vor einem Monat geboren wurde.
Wir haben beschlossen zu gehen, weil ich dachte, dass ich sonst verrückt werde. Ich konnte den Lärm der Explosionen einfach nicht aushalten. Ich hatte Albträume, dass jemand in unser Haus eindringt, dass wir umgebracht oder vergewaltigt werden. Also haben wir gepackt und sind zum Kiewer Bahnhof aufgebrochen. Alles war voller Menschen. All diese Bilder mit Tausenden von Menschen auf den Bahnsteigen sind wahr. Ich war einer von ihnen. Wir haben dann vergeblich versucht, in vier verschiedene Züge zu gelangen. Es klappte nicht. Da waren einfach zu viele Menschen. Schließlich drängten wir uns doch in einen Zug und setzten uns auf den Boden. Ich bin immer noch sehr froh, dass wir einen Zug bekommen haben und fliehen konnten. Einige meiner Freunde haben es immer noch nicht geschafft.
Eine Stunde nachdem wir mit dem Zug losgefahren waren, bekamen wir die Nachricht, dass eine der Bomben den Bahnhof getroffen hat. Ich habe das Gefühl, dass es wirklich ein Wunder Gottes ist. Ich bin keine sehr religiöse Person. Aber ich fange gerade an, an jeden Engel und all das zu glauben. Und ja ... ich habe das Gefühl, dass uns hier jemand beschützt.
Tausende Menschen sind mit uns in den westlichen Teil der Ukraine geflohen. Dort angekommen, haben wir wegen der Ausgangssperre am Bahnhof übernachtet. Dann wurden wir von einem Nonnenkloster im westlichen Teil der Ukraine aufgenommen. Auch das ist sehr symbolisch. Denn nach der Hölle, die wir durchgemacht haben, kommen wir an einen heiligen Ort, um ein neues Leben zu starten.
Hallo zusammen. Ich nehme dieses Video aus Prag, Tschechien, auf, wo ich bei einer Freundin untergekommen bin. Ich bin gestern hier angekommen, nachdem ich zuvor über die ukrainische Grenze nach Rumänien gekommen bin. In Rumänien habe ich zwei Tage in einer Flüchtlingsunterkunft verbracht. Dort haben mir so großartige freiwillige Helfer geholfen – so wie sie gerade Tausenden Ukrainern, die über die Grenze kommen, helfen. Ich danke euch von ganzem Herzen. Ich möchte euch mitteilen, dass ich in den letzten zwölf Tagen wirklich so viele Male gedacht habe, dass ich tatsächlich sterben werde. Ich dachte wirklich, dass ich es nicht schaffe. Aber ich habe es geschafft. Ich habe überlebt und hier bin ich. In Europa.
Ich hatte einfach das Gefühl, dass das, was wir da durchmachen, so unglaublich ist, dass manche Leute gar nicht glauben können, dass es wirklich auf dieser Welt passiert. Ich hätte es selbst wahrscheinlich gar nicht glauben können, dass sich jemand im 21. Jahrhundert in einem Luftschutzbunker verstecken muss. Also entschied ich mich, meine Erfahrungen zu teilen. Es war für mich so überwältigend und so schwer zu begreifen, dass ich diese enorme Unterstützung von Leuten erhielt – von Leuten, die ich kenne und Menschen, die ich nicht kenne. Und es hat mir geholfen, diese ganze Situation zu überstehen.
Ich mache mir keine Sorgen um mich selbst. Ich mache mir Sorgen um meine Eltern, meinen Vater und meine Oma, die immer noch in der Ukraine sind. Mein Vater hat eine Matratze ans Fenster gestellt, weil er Angst vor Schüssen hat. Es ist verrückt, darüber nachzudenken. Es ist verrückt, mit ihm zu sprechen und uns daran zu erinnern, wie wir früher in Frieden Fahrrad gefahren sind, Spaziergänge gemeinsam gemacht haben. Das fühlt sich einfach alles surreal an. Es fühlt sich total surreal an.
Im Moment hoffe ich, dass keine Menschen mehr sterben und dieser Krieg so schnell wie möglich endet. Und dass diejenigen, die für den Krieg verantwortlich sind, den vollen Preis dafür zahlen.
Mein Name ist Anna Dovbysh. Ich bin ukrainische Staatsbürgerin und 29 Jahre alt. Ich arbeite als Content-Managerin und Texterin. Ich bin derzeit in Prag bei einer Freundin. Ich bin hier gestern oder vorgestern angekommen. Ich erinnere mich nicht mehr genau. Davor war ich in einer Flüchtlingsunterkunft an der rumänischen Grenze. Das alles ist Teil meiner mehrtägigen Flucht aus Kiew.
Ich kann mich deutlich an die ersten Minuten des Krieges erinnern. Ich glaube, ich werde sie nie wirklich vergessen. Ich wurde um 5:00 Uhr von einem Nachbar, der an meine Tür geklopft hat, geweckt. Ich hatte fest geschlafen und mein Telefon war im Flugmodus. Meine Eltern konnten mich deshalb nicht erreichen. Als ich die Tür öffnete, war das erste, was er sagte: "Der Krieg hat begonnen." Und ich konnte es nicht glauben. Ich konnte es einfach nicht fassen. Dann rief ich sofort meine Eltern an und sie sagten mir, ich müsse alles packen. Ich solle meine Oma, die bei mir in der Nähe lebt, abholen und sie evakuieren. Also habe ich acht Koffer in 20 Minuten gepackt.
Es war sehr schwer, weil ich meine Oma überzeugen musste, zu gehen. Aber es hat geklappt. Zum Glück konnte uns ein Freund aufs Land bringen, wo meine Eltern leben. Da waren wir dann alle zusammen.
Es ist 5:35 Uhr und wir verstecken uns jetzt unter unserem Haus, weil wir sehr, sehr heftige Explosionen gehört haben. Das war so beängstigend. Wie etwas, das ich in meinem Leben noch nie zuvor gehört habe.
Du fühlst dich buchstäblich so, als könntest du jeden Moment sterben. Die Explosionen sind so gewaltig und laut, dass unsere Fenster bebten. Die Metalltür unseres Kellers hat gezittert. Dein Herz hört auf zu schlagen. Es macht dich einfach verrückt, weil du in jedem Moment auf eine weitere Bombe wartest. Als die Bombardierungen wieder losgingen, bin ich einfach zu Boden gefallen und konnte mich nicht mehr bewegen. Ich fing einfach an zu weinen. Es ist schrecklich. Es ist sehr traumatisierend. Es ist. Ja, es ist ... es ist schrecklich.
Am Anfang blieben wir im Haus und konnten nicht raus, weil es zu gefährlich war. Ein paar Tage später wurde uns klar, dass uns das Essen ausgeht. Also haben ich und mein Vater beschlossen, zu checken, ob noch irgendwelche Geschäfte geöffnet sind. Wir waren etwas außerhalb von Kiew, also waren Lebensmittellieferungen wahrscheinlich noch nicht durchgekommen. In dem einen Shop stand einfach nur ein Joghurt im Regal. Ein einziger Joghurt. Und ich war zutiefst geschockt. Ich dachte wirklich, dass wir verhungern würden. Dann sind wir zu einem anderen Supermarkt gefahren und mussten lange anstehen, um überhaupt reinzukommen. Der Supermarkt hat selbst etwas Brot gebacken und die Leute kämpften darum, weil jede Person nur ein oder zwei Laibe bekommen sollte. Das war wirklich heftig. Solche Situationen – in denen Nahrung fehlt – zeigen, wie Leute ihren Verstand verlieren. Der Krieg hat so viele Facetten. Es geht nicht nur um die eigentlichen Kampfhandlungen. Es geht auch darum, die Menschlichkeit der Bevölkerung zu brechen und sie zu solchen paranoiden, hungrigen Monstern zu machen.
Das war wie die schwierigste Entscheidung, die ich je in meinem ganzen Leben treffen musste. Als ich meinen Vater verließ, als wir wegfuhren, stand er da und hat uns gewunken. Ich konnte einfach nicht aufhören, zu weinen. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wiedersehe. Meine Oma, mein Bruder und seine kleine Tochter, die erst vor einem Monat geboren wurde.
Wir haben beschlossen zu gehen, weil ich dachte, dass ich sonst verrückt werde. Ich konnte den Lärm der Explosionen einfach nicht aushalten. Ich hatte Albträume, dass jemand in unser Haus eindringt, dass wir umgebracht oder vergewaltigt werden. Also haben wir gepackt und sind zum Kiewer Bahnhof aufgebrochen. Alles war voller Menschen. All diese Bilder mit Tausenden von Menschen auf den Bahnsteigen sind wahr. Ich war einer von ihnen. Wir haben dann vergeblich versucht, in vier verschiedene Züge zu gelangen. Es klappte nicht. Da waren einfach zu viele Menschen. Schließlich drängten wir uns doch in einen Zug und setzten uns auf den Boden. Ich bin immer noch sehr froh, dass wir einen Zug bekommen haben und fliehen konnten. Einige meiner Freunde haben es immer noch nicht geschafft.
Eine Stunde nachdem wir mit dem Zug losgefahren waren, bekamen wir die Nachricht, dass eine der Bomben den Bahnhof getroffen hat. Ich habe das Gefühl, dass es wirklich ein Wunder Gottes ist. Ich bin keine sehr religiöse Person. Aber ich fange gerade an, an jeden Engel und all das zu glauben. Und ja ... ich habe das Gefühl, dass uns hier jemand beschützt.
Tausende Menschen sind mit uns in den westlichen Teil der Ukraine geflohen. Dort angekommen, haben wir wegen der Ausgangssperre am Bahnhof übernachtet. Dann wurden wir von einem Nonnenkloster im westlichen Teil der Ukraine aufgenommen. Auch das ist sehr symbolisch. Denn nach der Hölle, die wir durchgemacht haben, kommen wir an einen heiligen Ort, um ein neues Leben zu starten.
Hallo zusammen. Ich nehme dieses Video aus Prag, Tschechien, auf, wo ich bei einer Freundin untergekommen bin. Ich bin gestern hier angekommen, nachdem ich zuvor über die ukrainische Grenze nach Rumänien gekommen bin. In Rumänien habe ich zwei Tage in einer Flüchtlingsunterkunft verbracht. Dort haben mir so großartige freiwillige Helfer geholfen – so wie sie gerade Tausenden Ukrainern, die über die Grenze kommen, helfen. Ich danke euch von ganzem Herzen. Ich möchte euch mitteilen, dass ich in den letzten zwölf Tagen wirklich so viele Male gedacht habe, dass ich tatsächlich sterben werde. Ich dachte wirklich, dass ich es nicht schaffe. Aber ich habe es geschafft. Ich habe überlebt und hier bin ich. In Europa.
Ich hatte einfach das Gefühl, dass das, was wir da durchmachen, so unglaublich ist, dass manche Leute gar nicht glauben können, dass es wirklich auf dieser Welt passiert. Ich hätte es selbst wahrscheinlich gar nicht glauben können, dass sich jemand im 21. Jahrhundert in einem Luftschutzbunker verstecken muss. Also entschied ich mich, meine Erfahrungen zu teilen. Es war für mich so überwältigend und so schwer zu begreifen, dass ich diese enorme Unterstützung von Leuten erhielt – von Leuten, die ich kenne und Menschen, die ich nicht kenne. Und es hat mir geholfen, diese ganze Situation zu überstehen.
Ich mache mir keine Sorgen um mich selbst. Ich mache mir Sorgen um meine Eltern, meinen Vater und meine Oma, die immer noch in der Ukraine sind. Mein Vater hat eine Matratze ans Fenster gestellt, weil er Angst vor Schüssen hat. Es ist verrückt, darüber nachzudenken. Es ist verrückt, mit ihm zu sprechen und uns daran zu erinnern, wie wir früher in Frieden Fahrrad gefahren sind, Spaziergänge gemeinsam gemacht haben. Das fühlt sich einfach alles surreal an. Es fühlt sich total surreal an.
Im Moment hoffe ich, dass keine Menschen mehr sterben und dieser Krieg so schnell wie möglich endet. Und dass diejenigen, die für den Krieg verantwortlich sind, den vollen Preis dafür zahlen.