Bürger sind entsetzt Über 3000 Flüchtlinge drängen nach Lampedusa

Der Ansturm von Flüchtlingen auf die süditalienische Insel Lampedusa nimmt wieder zu. Weit über 3000 Flüchtlinge zwängen sich auf der Insel. Die Bevölkerung ist auf den Barrikaden. Nun sollen ein Marineschiff und Zeltlager vorübergehend Abhilfe schaffen.

Die winzige Felsinsel Lampedusa südlich von Sizilien ist erneut Schauplatz eines Flüchtlingsdramas. In der Nacht auf Samstag strandeten erneut 378 Flüchtlinge an verschiedenen Orten des Eilands. Zwischen Freitag und Samstag erreichten italienischen Medienberichten zufolge 15 Boote mit zumeist aus Tunesien stammenden Flüchtlingen Lampedusa.

Im aus allen Nähten platzenden Aufnahmelager befanden sich am Samstag knapp 3800 Flüchtlinge. Das Lager ist nur für 850 Menschen ausgelegt. "Die Situation ist menschenunwürdig. Es fehlt selbst an Wasser", berichtete Helfer im öffentlichen TV-Sender RAI.

Um der angespannten Lage zumindest vorübergehend Abhilfe zu verschaffen, habe die Insel nun bei der Regierung Silvio Berlusconis um ein Marineschiff gebeten, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf militärische Quellen. Dieses könnte eine größere Menge Immigranten auf einmal von der Insel in andere Lager schaffen.

Die italienische Regierung sei unterdessen dabei, Asylbewerber aus anderen Flüchtlingszentren auf Sizilien und dem italienischen Festland in ein neues Aufnahmezentrum zu verlegen. Rund 200 Asylbewerber sollten in einer ehemals von US-Soldaten bewohnten Anlage untergebracht werden. Die ersten 200 waren am Freitag eingetroffen. In der Anlage in Mineo bei Catania hätten 7000 Menschen Platz, erklärte die Regierung.

Auf Lampedusa war es bereits am Freitag zu Zwischenfällen gekommen. So hatten aufgebrachte Bürger über Stunden die Molen der zwei Häfen besetzt und Anlegemanöver der Küstenwache blockiert. Sie wollten damit die Ankunft weiterer von ihren brüchigen Schiffen geretteter Immigranten verhindern. Erst am späten Abend gelang es den Behörden, die rund 200 Bootsflüchtlinge von den insgesamt vier Schiffen der Küstenwache an Land gehen zu lassen.

Das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) warnte darüber hinaus, die Lage könnte sich dramatisch zuspitzen, sollten auch Massen aus Libyen über das Mittelmeer nach Italien fliehen. Bisher kamen die Bootsflüchtlinge vorwiegend aus Tunesien.

Nach dem Sturz des tunesischen Diktators Zine el Abidine Ben Ali hatten Mitte Februar innerhalb weniger Tage mehr als 5600 Menschen aus dem nordafrikanischen Land Lampedusa erreicht. Die nur 20 Quadratkilometer große Insel selbst zählt etwa 4500 Einwohner. Nur 130 Kilometer von Tunesiens Küste entfernt und wegen der Nähe zu Afrika gilt die Insel seit langem als ein "Tor nach Europa".

DPA
DPA