Der deutsche Kommandeur der internationalen Truppen im Norden Afghanistans plädiert dafür, Bundeswehr-Kampfjets gegen die radikal-islamischen Taliban einzusetzen. "Warum sollen deutsche Soldaten am Boden nicht von deutschen Flugzeugen aus der Luft unterstützt werden können?", sagte General Frank Leidenberger der "Rheinischen Post". In der Vergangenheit habe Deutschland bereits Tornado-Jets zu Aufklärungszwecken nach Afghanistan verlegt, als die Entwicklung der Lage dies erfordert habe.
"So wie sich inzwischen der Charakter dieses Einsatzes verändert hat, so sollten wir auch die hierfür notwendigen Fähigkeiten bereitstellen, um erfolgreich zu sein", betonte Leidenberger. Unter dem Mandat der Nato-Truppe Isaf wäre dies gestattet. Bisher ist die Bundeswehr zur Luftunterstützung auf die Nato-Partner angewiesen. Vor allem die USA eilen den deutschen Truppen immer wieder mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern zur Hilfe. Auch der umstrittene Beschuss zweier Tanklaster nahe Kundus im September, bei dem viele Zivilisten umkamen, wurde im Auftrag der Bundeswehr durch US-Kampfjets geflogen.
Baldiger Rückzug aus Feisabad?
Die Bundeswehr selbst hat seit 2007 sechs Tornado-Jets in ihrem Hauptquartier im nordafghanischen Masar-i-Scharif stationiert. Die sogenannten Recce-Tornados liefern der Isaf Aufklärungsbilder aus ganz Afghanistan und sind lediglich mit zwei Bordkanonen zum Eigenschutz bewaffnet. Die Entsendung der Jets war in Deutschland zunächst umstritten.
Außerdem deutete Leidenberger die Möglichkeit eines baldigen Abzugs der deutschen Truppen aus dem Lager in Feisabad im Norden des Landes an. "Wenn im nächsten Jahr die afghanischen Sicherheitskräfte aufgewachsen sind, können wir in der Tat prüfen, ob unsere militärische Präsenz dort abgebaut werden kann", sagte der Kommandeur. Feisabad ist neben Masar-i-Scharif und Kundus eines der drei Lager, in denen deutsche Soldaten im Norden Afghanistans stationiert sind.
40 Tote bei Anschlag auf Hochzeitsfeier
Unterdessen sind bei einem Anschlag auf einer Hochzeitsfeier in Provinz Kandahar nach amtlichen Angaben 40 Menschen getötet und 74 verletzt worden. Ersten Informationen zufolge sprengte sich ein Selbstmordattentäter inmitten der Festgäste in dem Dorf Nagan in die Luft, teilte das Innenministerium in Kabul mit. Die Nato-Truppe Isaf machte die radikalislamischen Taliban verantwortlich, die dies allerdings zurückwiesen.
Wie die Nato erklärten auch die US-Streitkräfte umgehend, die vielen Toten seien nicht das Resultat eines Luftangriffs. Wer das behaupte, betreibe "Taliban-Falschinformationen", sagte ein Militärsprecher. Die Nato bezeichnete die "unbarmherzige Gewalt" während eines derartigen Festes als "widerliche Taktik", um die Bevölkerung einzuschüchtern. Sie zeige, dass die Taliban "keinen Respekt vor Menschenleben haben", erklärte das Militärbündnis.
Blutiger Juni
Ein Überlebender sagte, die Hochzeitsgesellschaft habe sich gerade zum Essen hingesetzt, als sich eine gewaltige Explosion ereignet habe. Das Ausmaß der Zerstörung sei viel größer als bei einem Selbstmordanschlag üblich. "Wir haben Kriegserfahrung und das sieht nicht wie ein Selbstmordanschlag aus", sagte er.
Die Provinz Kandahar und vor allem ihre gleichnamige Hauptstadt sind Hochburgen der Taliban, es kommt immer wieder zu blutigen Anschlägen. Diese richten sich allerdings zumeist gegen die internationalen Truppen oder afghanische Sicherheitskräfte. Gewalt und Kämpfe haben in diesem Monat in Afghanistan erheblich zugenommen. In den vergangenen vier Tagen wurde mindestens 17 US-Soldaten getötet, insgesamt beklagte die Isaf im Juni bereits 29 Tote.