Nach drei Jahren rigidem Corona-Regime befindet sich China im Ausnahmezustand: Millionen Chinesen sollen sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Wie viele es genau sind, können die Behörden nur schätzen. Belastbare Daten gibt es schon lange nicht mehr, weil die Massentests seit Dezember entfallen und die täglichen Fall- und Todeszahlen weder konkret erfasst, noch veröffentlicht werden. Lediglich aus einer Sitzung von Gesundheitsbeamten im vergangenen Monat sickerte durch, dass diese davon ausgingen, dass sich bereits in den ersten 20 Dezembertagen 250 Millionen Menschen in ganz China infiziert hätten. Fast scheint es so, als habe China vor dem Virus kapituliert.
Dabei wird der Kampf gegen das Virus jetzt nicht mehr aus den obersten politischen Reihen in Peking, sondern in den Kliniken und Krankenhäusern ausgefochten. Mancherorts kommen täglich über 1000 Patienten in die Notaufnahmen, berichten Mediziner vor Ort. Die Zahl habe sich im Vergleich zur Zeit vor den Corona-Lockerung verdoppelt. "Mehr als 100" Rettungswagen kämen derzeit täglich an, 80 Prozent der in der eingelieferten Notfall-Patienten seien an Covid-19 Erkrankte, mehr als die Hälfte von ihnen älter als 65.
Aus Platzmangel werden viele Patienten direkt wieder abgewiesen. Wer Glück hat, wird auf den Krankenhausfluren untergebracht, manchmal sogar auf dem Boden, weil die Betten alle schon belegt sind. Mancherorts werden Patienten auch außerhalb der Krankenhäuser behandelt, wie AFP-Journalisten berichten.
Auch in den Krematorien ist die Lage angespannt. Forscher der Universität Hongkong befürchten, dass in diesem Winter fast eine Million Chinesen an Covid sterben könnten. Das britische Analyseunternehmen Airfinity rechnet mit 1,8 Millionen Ansteckungen und 11.000 Todesfällen täglich. Das würde bedeuten, dass bis Ende April 1,7 Millionen Chinesen an den Folgen einer Corona-Infektion sterben.
Manche Städte haben das Schlimmste schon hinter sich
So dramatisch das alles klingt: Mancherorts ist das Schlimmste bereits überstanden, lautet das Ergebnis einer Studie chinesischer Wissenschaftler, die im Fachblatt "Frontiers of Medicine" erschien. Demnach haben die Millionenmetropolen Shanghai und Peking den Höhepunkt bereits hinter sich gelassen.
Allerdings warnen die Forscher, dass sich das Virus bis Ende Januar massiv in den zentralen und westlichen Provinzen des Landes ausbreiten werde. Nämlich dann, wenn sich Millionen Chinesen zum Neujahrsfest in ihre Heimatdörfer aufmachen, um mit ihren Familien den Jahreswechsel zu feiern.
Das beunruhigt die Nationale Gesundheitskommission (BHC). Der erwartete Corona-Ausbruch in den ländlichen Regionen stelle eine "enorme Herausforderung" dar, sagte eine hochrangige Kommissionsvertreterin im Staatsfernsehen CCTV.
Quellen: mit Material von DPA und AFP