Hongkong-Macau-Zhuhai China baut längste Brücke der Welt - warum das Mega-Projekt so heftig kritisiert wird

Blick auf die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brück
Blick auf die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke. Die weltweit längste Seeüberquerung zwischen Hongkong und den Metropolen Zhuhai und Macao ist 55 Kilometer lang
© Vincent Yu / DPA
Das gigantische Brückenprojekt in China ist hochumstritten wegen der hohen Kosten, Verzögerungen, Korruption und tödlicher Unfälle. Berichtet wird darüber aber nur auf einer Seite der Brücke.

Für das Prestigeprojekt reiste extra Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping an und gab die weltweit größte Meeresbrücke persönlich für den Verkehr frei.  Das Megaprojekt verbindet die asiatische Wirtschafts- und Finanzmetropole Hongkong mit dem Spielerparadies Macao und der südchinesischen Sonderwirtschaftszone Zhuhai. Die 55 Kilometer lange Verbindung besteht aus einer sich schlängelnden Brücke und einem 6,7 Kilometer langen Unterwassertunnel zwischen zwei künstlichen Inseln. Die chinesische Regierung beziffert die Kosten auf umgerechnet rund 15 Milliarden Euro.

Die immensen Kosten sind nicht das einzige Problem, das die zahlreichen Kritiker des Projekts sehen. Rund zwei Jahre zögerte sich der Bau hinaus, immer wieder kamen Korruptionsvorwürfe auf, allein auf Honkonger Seite starben zehn Bauarbeiter. Beobachter schätzen die tatsächliche Totenzahl deutlich höher ein. Die lange Brücke verbindet nämlich auch quasi zwei Welten. In Hongkong herrscht im Gegensatz zu Festlandchina Pressefreiheit. In der Finanzmetropole konnten Journalisten umfassend über das Projekt berichten, und damit auch über die Kostenüberschreitungen und Todesfälle. Wie viele Arbeiter auf der Seite des chinesischen Festlandes starben, ist dagegen unklar.

Zudem fürchten viele der sieben Millionen Einwohner Hongkongs genau die von Peking gewünschte stärkere Integration in die Volksrepublik und möchten lieber ihre Insellage und Sonderrolle bewahren. Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong in seinem eigenen Territorium mit hoheitlichen Grenzen als chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert. Nach dem gleichen Modell wird auch die frühere portugiesische Enklave Macao seit ihrer Rückgabe 1999 an China eigenständig verwaltet.

Blick auf die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brück
Blick auf die Hongkong-Zhuhai-Macau-Brücke. Die weltweit längste Seeüberquerung zwischen Hongkong und den Metropolen Zhuhai und Macao ist 55 Kilometer lang
© Vincent Yu / DPA

Brücke für Bürger nur bedingt nutzbar

Die Brücke reduziert die Fahrzeit für Menschen und Fracht in die Volksrepublik um mehrere Stunden. Heute dauert es vom Hongkonger Flughafen bis Zhuhai vier Stunden - künftig werden es 45 Minuten sein. Vom Hongkonger Containerhafen in das 1,6 Millionen Einwohner zählende Zhuhai soll es künftig statt 3,5 Stunden nur noch 75 Minuten dauern.

Kritisiert wird auch, dass die Brücke mit dem eigenen Auto nur mit besonderen Genehmigungen befahren werden kann. Die meisten Reisenden müssen spezielle Busse nehmen, um die Brücke überhaupt nutzen zu können. Die Reisezeit in das beliebte Casino-Paradies Macao verringert sich auch nicht so wesentlich, da es heute nur eine Stunde mit der Fähre von Hongkong entfernt ist.

Kostete die Brücke zu viel Geld?

Die Brücke soll aber auch helfen, das 13 Millionen Einwohner zählende Shenzhen auf der anderen Seite der Grenze sowie die Provinzhauptstadt Guangzhou mit 14 Millionen Menschen und andere wirtschaftlich blühende Städte in der Region enger mit Hongkong zu vernetzen. Nach der Eröffnung einer neuen Hochgeschwindigkeitsbahn mit Hongkong vor einem Monat ist die Superbrücke der nächste Schritt.

Doch Kritiker sind nicht überzeugt. Viele argumentieren, dass Hongkong sein Geld besser in dringendere soziale Vorhaben in der Stadt gesteckt hätte. "Das ganze Ding ist überflüssig", sagte die oppositionelle demokratische Abgeordnete des Legislativrates, Claudia Mo, die sich auch an den stetig gestiegenen Kosten stößt. "Wir haben Verbindungen zu Lande, zur See und in der Luft, in jeder Weise wie wir wollen. Warum brauchen wir zusätzlich eine Brücke?"

Die Hongkonger Regierung verteidigte die Kostenüberschreitungen mit unvorhergesehenen Problemen. Sie nannte als Gründe "komplizierte Bedingungen für den Bau auf hoher See, die Schwierigkeiten in der Konstruktion, der Anstieg der Arbeits- und Materialkosten wie auch die Änderung des Designs und der Konstruktionspläne". 

Politischer Druck, Brücke schnell fertig zu stellen

Der Hongkonger Kritiker und Bauingenieur Albert Lai meinte, dass viele dieser Probleme mit besserer Planung und Untersuchung der Baustätten hätten verhindert werden können. Der politische Druck, die Brücke so schnell wie möglich fertigzustellen, habe die Ingenieure "riskant" handeln lassen. Auch habe die Hongkonger Regierung eine all zu "lockere" Haltung gegenüber der Brücke eingenommen, an der die chinesische Seite die Federführung hatte. 

Dem Auftragnehmer sei erlaubt worden, zwischendurch das Design und die Bauweise zu wechseln. Auch sei bei Sicherheitsverstößen weggeschaut worden. "Das ist ein großes Ding", sagte Lai. "Der Grund dafür liegt in dem abnehmenden Qualitätsniveau der Regierungsbeamten und zum Teil auch an einem schwächeren Hongkong." 

Kritiker sahen auch einen viel zu großen Eingriff in die Natur. Der Bau der Brücke habe die Population des bedrohten und seltenen Weißen Delfins in dem Meeresgebiet um 40 Prozent auf nur noch einige Dutzend zurückgehen lassen, berichtete die Delfinschutz-Gesellschaft. Der eher pinkfarbene Delfin ist ein Symbol Hongkongs und war 1997 auch das offizielle Maskottchen für die Rückgabe an China. Jetzt zieht er sich immer weiter aus Hongkongs Gewässern zurück.

DPA
fin mit Agentur

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