China reagiert auf Friedensnobelpreis Menschenrechtler sorgen sich um Frau Liu

Nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo sorgen sich Menschenrechtsaktivisten um seine Ehefrau. Der Anwalt des Preisträgers erklärte am Samstag, Liu Xia sei verschwunden. Er befürchte, sie könnte von der Polizei abgeholt worden sein.

Nach der Bekanntgabe des Friedensnobelpreises für den inhaftierten chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo hat das Verschwinden seiner Ehefrau bei Menschenrechtlern Besorgnis ausgelöst. Ein Anwalt des Preisträgers erklärte am Sonntag, Liu Xia sei seit Freitagabend nicht mehr erreichbar. Die Polizei hatte die Frau in Peking abgeholt, möglicherweise um ihren Ehemann im Gefängnis über die Auszeichnung zu informieren.

"Wir haben keinen Kontakt zu ihr herstellen können, wir wissen nicht wo sie ist", sagte Anwalt Ding Xikui der Nachrichtenagentur AFP. "Wir sorgen uns um ihre Sicherheit." Am Freitagabend hatte Liu Xia AFP am Telefon gesagt, sich in Begleitung von Polizisten zu befinden, die sie in die nordostchinesische Provinz Liaoning bringen würden. Dort sitzt Liu Xiaobo im Gefängnis Jinzhou eine elfjährige Haftstrafe wegen Untergrabung der Staatsgewalt ab.

"Wir denken, dass sie zu Liu Xiaobo gebracht wird, aber wir haben keine Möglichkeit, das zu bestätigen", sagte Anwalt Ding. Die Polizei riegelte am Sonntag die Straßen zum Gefängnis Jinzhou ab, nur Anwohner und Beamte durften die Kontrollposten passieren. Auf telefonische Anfragen reagierte das Gefängnis nicht. Nach Informationen der Hongkonger Organisation Informationszentrum für Menschenrechte und Demokratie war Liu Xia bereits am Samstag in Liaoning eingetroffen. Das Treffen mit ihrem Mann sei für Sonntagmorgen geplant gewesen. Das Nobel-Komitee hatte am Freitag erklärt, dass Liu Xiaobo den diesjährigen Friedensnobelpreis für seinen "langen und gewaltlosen Kampf" für die Menschenrechte in China erhalten werde. Der 54-Jährige war Weihnachten 2009 zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Unter anderem wurden ihm das Verfassen und die Verbreitung der sogenannten Charta 08 vorgeworfen, einem Aufruf zu umfassenden politischen Reformen in China. Während die Auszeichnung von Staats- und Regierungschefs in aller Welt begrüßt wurde, reagierte Peking mit scharfer Kritik und bezeichnete Liu als "Kriminellen". Die Berichterstattung über den ersten Friedensnobelpreisträger des Landes wurde in chinesischsprachigen Medien unterbunden, englischsprachige Medien in China veröffentlichten nur die wütenden Reaktionen der Regierung. Die staatliche Zeitung "Global Times" etwa schrieb am Samstag, das Nobel-Komitee habe den Preis zu einem "politischen Instrument" gegen China gemacht.

Die chinesische Polizei hatte am Freitagabend nach Angaben von Menschenrechtlern in Peking, Shanghai und anderen Städten bei Feiern anlässlich der Auszeichnung Lius mehrere dutzend Menschen festgenommen. "Dies verursacht der Regierung große Kopfschmerzen", sagte der bekannte Menschenrechtsanwalt Teng Biao zu AFP. "Sie will nicht, dass die Menschen von dieser Geschichte erfahren. Nichts davon wird in der Presse berichtet."

Sieben chinesische Intellektuelle gratulierten Liu am Samstag in einem offenen Brief zu seiner Auszeichnung, die sie als Zeichen der Hoffnung und der Unterstützung für einen friedlichen Wandel in China bezeichneten. In dem Schreiben, das auf einer Internetseite im Ausland veröffentlicht wurde, riefen sie die Regierung zu konkreten Reformen auf, um eine gewaltsame Revolution zu vermeiden. Zu den Unterzeichnern gehören der Umweltaktivist Dai Qing und der Wirtschaftswissenschaftler Mao Yushi.

AFP
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