Ehemaliger US-Präsident Das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Trump beginnt – das müssen Sie wissen

US-Präsident Donald Trump steht im Freien und legt seinen Kopf schräg
© Mandel Ngan / AFP
Sehen Sie im Video: Impeachment-Ankläger fordern Ämtersperre für Ex-Präsident Trump.




Die Ankläger im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump halten dessen Verantwortung für den Sturm aufs Kapitol für erwiesen und fordern eine Ämtersperre für den früheren US-Präsidenten. "Die Verantwortung von Präsident Trump für die Ereignisse des 6. Januar ist eindeutig." So hieß es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme der Ankläger des Repräsentantenhauses vor Beginn des Verfahrens im Senat. Wörtlich heißt es dort weiter: "Präsident Trumps Anstiftung zum Aufruhr erfordert seine Verurteilung und seinen Ausschluss von zukünftigen Bundesämtern." Trumps neuer Anwalt wies das Impeachment-Verfahren dagegen als "verfassungswidrig" zurück.  Das Amtsenthebungsverfahren gegen den Republikaner Trump soll am Dienstag kommender Woche im Senat beginnen. Die für eine Verurteilung notwendige Zweidrittelmehrheit in der Kammer zeichnet sich allerdings nicht ab.
Donald Trump ist der erste US-Präsident, gegen den zwei Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurden. Wie läuft der Prozess ab, wie stehen die Chancen? Fragen und Antworten zum Impeachment.

Einen speziellen Platz in der Präsidentengeschichte der Vereinigten Staaten hat Donald Trump sicher. Noch einzigartiger als seine Amtsführung aber wird der Umstand sein, dass gegen ihn gleich zweimal eine Amtsenthebung eingeleitet wurde – als erstem US-Staatsoberhaupt. Das erste Impeachment wurde im Februar 2020 von der republikanischen Mehrheit im Senat abgeschmettert, weswegen er das Weiße Haus nicht vorzeitig verlassen musste. Nun ist Trump seit ein paar Wochen nur noch Ex-Präsident, dennoch wird sich die zweite Parlamentskammer erneut mit seiner nachträglichen Amtsenthebung befassen.

Was wird Donald Trump vorgeworfen?

Das von den Demokraten kontrollierte Repräsentantenhaus, vergleichbar mit dem deutschen Bundestag, hat eine Woche nach der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar durch radikale Trump-Anhänger ein Impeachment gegen Trump wegen "Anstiftung zum Aufruhr" eingeleitet. Dem 74-Jährigen wird insbesondere vorgeworfen, seine Anhänger mit einer aufwieglerischen Rede zur Erstürmung des Kongresses angestachelt zu haben.

Worum ging es beim ersten Amtsenthebungsverfahren?

Vor einem Jahr hatte das Repräsentantenhaus das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Trump eingeleitet. Auslöser war damals die Ukraine-Affäre. Vorgeworfen wurde dem US-Präsidenten, dass er Druck auf das ukrainische Staatsoberhaupt ausgeübt haben soll, damit der Sohn des jetzigen Präsidenten Biden juristisch verfolgt wird. Trumps Republikaner hatten damals die Mehrheit im Senat und stimmten gegen das Impeachment.

Wie wird der Prozess ablaufen?

Am Dienstag werden Anklage und Verteidigung zunächst vier Stunden darüber debattieren, ob der Prozess verfassungskonform ist oder nicht. Dann wird der Senat über diese Frage abstimmen. Dieses Vorgehen gilt als Formalie, da die Demokraten über ihre Vizepräsidentin Kamala Harris de facto die Mehrheit haben und für die Fortführung des Prozesses stimmen werden.

Ab Mittwoch haben Anklage und Verteidigung je 16 Stunden Zeit, ihre Argumente zur Schuldfrage vorzutragen. Die während der Verhandlungen zum Schweigen verdammten Senatoren werden im Anschluss schriftliche Rückfragen stellen können. Ob Demokraten und Republikaner ihr Zeitfenster vollständig ausschöpfen werden, ist unklar, aber vermutlich nicht.

Am Donnerstag werden weiterhin Argumente vorgetragen.

Anschließend können beide Seiten Zeugen vorladen. Die Ankläger haben Trump zu einer Aussage unter Eid aufgefordert, der Ex-Präsident hat dies aber abgelehnt. Ob und wie viele weitere Zeugen erscheinen werden, muss noch entschieden werden. Ohne Zeugen könnte der Prozess sehr schnell zu Ende gehen, möglicherweise in weniger als zwei Wochen.

Für den jüdischen Sabbath (Freitag, 17 Uhr bis Samstag, 18 Uhr Washingtoner Ortszeit) hatten Trumps Anwälte ursprünglich eine Verhandlungspause beantragt, dies aber wieder zurückgezogen

Am Ende des Prozesses stehen je vier Stunden für die Schlussplädoyers bereit, danach wird abgestimmt. an. Für eine Verurteilung des Ex-Präsidenten wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig. Beide Seiten stellen je 50 Senatoren. Um Trump nachträglich des Amts zu entheben, müssten alle Demokraten plus 17 Republikaner für den Antrag stimmen. Im Januar gab es bereits ein Votum über die Verfassungskonformität des Impeachment-Prozesses. Damals stimmten 45 der 50 Republikaner dagegen – eine Verurteilung Trumps gilt daher als sehr unwahrscheinlich.

Kann Trump als Ex-Präsident überhaupt der Prozess gemacht werden?

Diese verfassungsrechtliche Frage wird zunächst im Zentrum stehen. Trumps Anwälte und viele Republikaner argumentieren, der Prozess sei verfassungswidrig. Ein Impeachment-Prozess dürfe sich laut Verfassung nur gegen amtierende, nicht gegen frühere Präsidenten richten. Trump sei inzwischen eine Privatperson und könne deswegen nicht vom Senat belangt werden.

Die Demokraten widersprechen dieser Auslegung der Verfassung und haben dabei einige Verfassungsrechtler auf ihrer Seite. Ihr Argument: Sollte ein Präsident nicht auch nach seiner Amtszeit zur Rechenschaft gezogen werden können, wäre dies ein Freifahrtschein für Verstöße gegen die Verfassung in den letzten Amtswochen.

Es gibt auch Präzedenzfälle. So führte der Senat 1876 ein Amtsenthebungsverfahren gegen Kriegsminister William Belknap, obwohl dieser kurz vor der Anklageerhebung zurückgetreten war. Letztlich ist die Frage aber nicht eindeutig geklärt.

Wurde schon einmal ein US-Präsident des Amtes enthoben?

Nein, in der US-Geschichte ist noch nie eine Zweidrittelmehrheit für eine Verurteilung eines Präsidenten zustande gekommen. Alle bisherigen Versuche (Andrew Johnson 1868, Richard Nixon, vorher zurückgetreten, Bill Clinton 1998, Donald Trump 2019) sind deshalb gescheitert.

Warum halten so viele Republikaner an Trump fest?

Zwar waren auch viele Republikaner empört über Trumps Verhalten generell als auch rund um die Kapitol-Erstürmung, aber offen gegen ihn stimmen wollen nur die wenigsten, zumal der Rechtspopulist an der Parteibasis weiterhin großen Rückhalt genießt.

Sind die regierenden Demokraten geschlossen für die Amtsenthebung?

Vermutlich, aber ganz sicher ist das nicht. Denn der Prozess ist auch für Joe Biden nicht ohne Risiken: Eigentlich will er das Kapitel Trump schließen und die Spannungen im Land abbauen. Durch den Prozess muss er aber neue Konflikte zwischen Demokraten und Republikanern fürchten, ganz abgesehen davon, dass der inzwischen in Florida lebende Trump wieder im Rampenlicht stehen würde. Ausgeschlossen ist auch nicht, dass militante Trump-Anhänger das Verfahren als Angriff auf sich und den Ex-Präsidenten verstehen und darauf mit Gewalt reagieren.

Warum halten die Demokraten an dem Prozess fest?

Trumps Amtszeit endete regulär am 20. Januar, eine Amtsenthebung ist also gar nicht mehr möglich. Die Demokraten bekräftigen aber, Trumps Verhalten sei so schwerwiegend, dass der Republikaner zur Rechenschaft gezogen werden müsse – auch als Abschreckung für künftige Präsidenten.

Außerdem wäre eine Verurteilung nicht nur symbolisch: Bei einem Schuldspruch könnte der Senat Trump in einer weiteren Abstimmung mit einfacher Mehrheit von künftigen öffentlichen Ämtern ausschließen. Dann könnte Trump auch nicht bei der Präsidentschaftswahl 2024 antreten.

Unabhängig davon wollen viele Demokraten den Prozess möglichst kurz halten, damit der Senat sich rasch wieder anderen Aufgaben zuwenden kann. US-Präsident Joe Biden will insbesondere rasch neue Corona-Hilfen absegnen lassen.

 

 

Quellen: DPA, AFP, AP, The Hill, CNN

nik