Die US-Regierung hat vor dem Irak-Krieg ein falsches Bild von der irakischen Bedrohung gezeichnet, wie ein ehemaliger Mitarbeiter der Informationsabteilung des Außenministeriums am Mittwoch sagte.
Fehler bei der Einschätzung der Bedrohung durch den Irak
"Ich glaube, die Bush-Regierung hat dem amerikanischen Volk kein richtiges Bild über die militärische Bedrohung durch den Irak geliefert", sagte Greg Thielmann, der im September seinen Job als Direktor im Büro für Information und Erkundung des Ministeriums aufgab. Einige Fehler hätten in der Arbeit der Geheimdienste gelegen, die meisten resultierten aber daraus, wie ranghohe Regierungsmitarbeiter die ihnen zur Verfügung gestellten Informationen missbraucht hätten, sagte Thielmann auf einer Pressekonferenz des Verbandes für Rüstungskontrolle.
Als die Militäroperationen begannen, bestand keine unmittelbare Bedrohung
"Im März 2003, als die Militäroperationen begannen, stellte Irak keine unmittelbare Bedrohung für seine Nachbarn und die USA dar", sagte Thielmann.
Als Beispiel nannte er Informationen über den Erwerb von Aluminiumröhren durch den Irak. Die Regierung habe seinerzeit erklärt, sie seien definitiv für Anlagen zur Urananreicherung bestimmt. Im Geheimdienstbericht hieß es dazu, die meisten Geheimdienst-Analytiker seien davon ausgegangen, dass diese Röhren für ein irakisches Atomwaffenprogramm seien, aber nicht alle. Die Waffeninspektoren stellten später fest, dass Irak die Rohre nicht für ein Waffenprogramm erworben hatte.
Chef des Geheimdienstes soll "falsche Formulierungen" benutzt haben
Der Chef des Geheimdienstes CIA, George Tenet, hat nach Thielmanns Worten "einige falsche Formulierungen" benutzt, als er dem Kongress sagte, der Irak habe einige "Scud"-Raketen behalten. Die Geheimdienst-Experten hätten dies nicht so dargestellt. Sie hätten erklärt, Irak habe "wahrscheinlich" noch "Scud"-Raketen, weil der Verbleib einiger dieser Raketen unklar gewesen sei.
Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak hätte es nicht gegeben
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte am Mittwoch vor einem Parlamentsausschuss eingeräumt, die USA hätten keine neuen Beweise für Massenvernichtungswaffen im Irak gehabt, als sie in den Krieg gezogen seien. Vielmehr habe die US-Regierung vorhandene Informationen über irakische Waffenprogramme nach den Anschlägen am 11. September 2001 in einem anderen Licht betrachtet.
Seit Kriegsbeginn starben laut Pentagon 212 US-Soldaten
Seit Beginn des Irak-Kriegs am 20. März sind nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums 212 amerikanische Soldaten ums Leben gekommen. Davon starben 74 nach dem von Präsident George W. Bush am 1. Mai erklärten Ende der Hauptkampfhandlungen, wie das Pentagon am Mittwoch in Washington mitteilte. Verletzt wurden den Angaben zufolge seit Kriegsbeginn 1.044 Soldaten, davon 382 nach dem 1. Mai.
Rumsfeld würde auch die Entsendung deutscher Streitkräfte in den Irak begrüßen
Die Angriffe von Aufständischen auf Soldaten der Alliierten haben in den letzten Wochen zugenommen. Zur Stabilisierung der Lage würden die USA nach den Worten von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld die Unterstützung von so vielen Ländern wie möglich begrüßen. Dazu gehörten auch die Kriegsgegner Deutschland und Frankreich, sagte Rumsfeld am Mittwoch vor dem für die Streitkräfte zuständigen Senatsausschuss in Washington. Das US-Außenministerium stehe bereits mit Dutzenden Staaten und Militärorganisationen rund um den Erdball in Verbindung, um sie zur Entsendung von Truppen nach Irak zu bewegen. Auch die NATO sei angesprochen worden, deren genauer Beitrag zurzeit noch unklar sei.
Dauer der Stationierung amerikanischer Truppen weiter unklar
US-Beamte hatten zuvor bereits erklärt, sie rechneten bis September mit der Stationierung von Soldaten aus mehreren Ländern in Irak. Auf die Frage von Senatoren, wie lange die US-Truppen noch in Irak bleiben würden, sagte Rumsfeld, dies wisse niemand. Der Minister mahnte zu Geduld.
Mutmaßlicher Spion von Saddam Hussein in den USA festgenommen
In den USA ist ein Iraker festgenommen worden, der im Auftrag des ehemaligen Regimes unter Saddam Hussein Exil- Oppositionelle auf amerikanischem Boden ausspioniert haben soll. Wie der Sender CNN am Mittwoch unter Berufung auf US-Behördenkreise weiter berichtete, steht der in Chicago (Illinois) gefasste Khalid Abdul-Latif Dumeisi auch im Verdacht, andere Agenten Saddams mit falschen Pässen versorgt zu haben. Die Festnahme sei auf Grund von Beweismaterial erfolgt, das US-Truppen in einem Haus des irakischen Geheimdienstes in Bagdad gefunden hätten.