Erst am Samstag wurde auf Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung geschossen. Zwei Tage später will der Ex-Präsident beim Parteitag der Republikaner nach eigenen Angaben für eine Überwindung der politischen Spaltung im Land werben. Er habe seine ursprünglich geplante und sehr angriffslustige Rede für den Parteitag der Republikaner verworfen, sagte Trump in einem Interview mit der Boulevardzeitung "New York Post". "Ich will versuchen, das Land zu einen", sagte Trump demnach. "Aber ich weiß nicht, ob es möglich ist. Die Menschen sind sehr gespalten." Daran ist Trump nicht ganz unschuldig, erinnern manche Kommentatoren internationaler Zeitungen zwei Tage nach dem Attentat.
So kommentieren internationale Medien die Schüsse auf Donald Trump
"The Guardian", Großbritannien: "Man muss nun aber auch aufpassen, dass extreme Handlungen einer Minderheit nicht dazu benutzt werden, berechtigte Kritik zum Schweigen zu bringen. Es gibt gute Gründe für die Annahme, dass Trump eine Bedrohung für die amerikanische Demokratie ist. Zugleich aber gibt es keinerlei Rechtfertigung für die Auffassung, dass er mit Gewalt gestoppt werden sollte. Politiker aller Couleur müssen in ihrer Wortwahl vorsichtiger denn je sein. Es liegt auch in der Hand der amerikanischen Öffentlichkeit, diesen düsteren Moment zu einem Wendepunkt zum Besseren zu machen und nicht zu einem Abgleiten in etwas noch Schlimmeres."
"24 Tschassa", Bulgarien: "Der junge politische Killer schoss auf Trump, traf aber eigentlich Biden. Ohne es zu wollen, beschleunigte er die Pläne für einen vorzeitigen Ruhestand des jetzigen Präsidenten. (…) Sollte Biden etwa noch bis (zum Ende des Parteitags der Republikaner am) Mittwoch auf die Präsidentschaft verzichten, würde (seine Stellvertreterin) Kamala Harris sofort den Präsidenteneid ablegen und wie einen riesigen Magneten alle Mikrofone, Kameras und Reporter mit Notizblöcken in der Hand anziehen. (…) Dann würde der angeschossene Trump in den Hintergrund treten und eine Nebenrolle in den Nachrichten spielen. Dies erfordern die Gesetze der Regie und sollten die Demokraten diese Chance verpassen, sind sie tatsächlich verwirrt und hilflos."
"De Standaard", Belgien: "Die zunehmende politische und kulturelle Polarisierung in diesem Wahlkampf ist nicht zu leugnen. Untersuchungen deuten auf eine beängstigende Akzeptanz von Gewaltanwendung hin – vor allem angesichts der in den USA allgegenwärtigen Waffen –, um Trump an die Macht zu bringen oder ihn von der Macht fernzuhalten. Die politische Klasse und jeder Bürger, dem das Wohl des Landes am Herzen liegt, steht in der Verantwortung, diese Toxizität zu überwinden. Für den Einsatz von Waffen gelten keine mildernden Umstände. Ebenso muss jeder politische Missbrauch dieses Angriffs angeprangert werden. Letzteres scheint allerdings bereits jetzt ein frommer Wunsch zu sein."
"Der eine verfällt, während der andere wieder aufsteht"
"Le Figaro", Frankreich: "Donald Trump, der aller Verfehlungen beschuldigt wird und von Rachegedanken getrieben ist, stellt sich seit jeher als Opfer eines politischen Systems und seiner Richter dar, die das Amerika der Entrechteten, für das er sich starkgemacht hat, verfolgen würden. (...) Biden steht ihm gegenüber – trotz seiner schmeichelhaften Wirtschaftsbilanz, der Weisheit, die er innenpolitisch und in der internationalen Politik verkörpert – und ist physisch am Ende seiner Kräfte. Die Demokraten zweifeln an seiner Fähigkeit, eine zweite Amtszeit zu absolvieren. Nach dem Schock vom Wochenende ist der Kontrast zu Trump größer denn je! Der eine verfällt, während der andere wieder aufsteht."
"Kämpft", ruft Donald Trump mit blutverschmiertem Gesicht

"Information", Dänemark: "Nachdem es passiert ist, muss man sagen, dass die Schüsse auf Trump eine verwerfliche, aber auch eine erwartbare Katastrophe waren. Nicht weil es Trump ist, sondern weil es amerikanische Politik ist. Die USA haben eine schöne Geschichte der politischen Teilhabe und offener Wahlkampfveranstaltungen. Es ist vorbildlich, dass Präsidentschaftskandidaten in Zeiten von Bildschirmen und Digitalisierung Sportanlagen, Schulgebäude, geschlossene Theater und andere Institutionen mit Leben füllen. Denn die USA haben auch eine hässliche Geschichte der politischen Gewalt und Attentate auf Spitzenpolitiker und Präsidenten. Politiker sowohl aus dem rechten als auch aus dem linken Spektrum wurden angegriffen; Menschen, die für Bürgerrechte kämpften und Menschen, die gegen Bürgerrechte kämpften.
Es ist wie ein Wunder, dass der frühere Präsident scheinbar einigermaßen unversehrt von den Schüssen davongekommen ist, die ihn am Ohr trafen. Und abgesehen davon, was man von ihm hält, ist es eine beeindruckende Zurückweisung des einschüchternden Effektes der Gewalt, dass Trump danach darauf bestand, mit seinen Wählern zu kommunizieren und sich öffentlich zu äußern. Dass er an der schönen Offenheit der amerikanischen Politik festhielt und nicht an der grotesken und grausamen Neigung zu politischer Gewalt."
"de Volkskrant", Niederlande: "Das nur knapp gescheiterte Attentat auf den US-Präsidentschaftskandidaten und ehemaligen Präsidenten Donald Trump ist ein weiteres Zeichen dafür, dass die mächtigste Demokratie der westlichen Welt in ihren Grundfesten erschüttert ist. Nun stellt sich die Frage, wie weit die Schockwellen reichen werden. Zunächst kann festgestellt werden, dass Trump und Amerika angesichts der Absicht des Schützen Glück hatten. Hätte der Täter den Lauf der Waffe nur ein hundertstel Grad anders ausgerichtet, wären die Folgen unabsehbar gewesen. Viele Republikaner sahen darin eine göttliche Hand. Dank dieses 'Wunders' kann sich Trump weiter als verfolgter Märtyrer profilieren, der gleichzeitig unverwundbar scheint – seine Chancen auf eine neue Präsidentschaft dürften dadurch erheblich gestiegen sein."
"Dziennik", Polen: "Der Anschlag auf (den ehemaligen US-Präsidenten Donald) Trump ist eine Botschaft an die Welt, dass Amerika schwächer wird. Und selbst wenn das faktisch nicht so sein sollte, so zahlen Länder an der Peripherie, die ihre Sicherheitspolitik auf die USA stützen, schon heute den Preis dafür. Denn wenn der Weltpolizist schwächer wird, bedeutet das: Alles ist erlaubt.
Ereignisse wie der Marsch auf das Kapitol im Winter 2021, Bidens Ausfälle oder jetzt das Attentat auf Trump ermutigen die Achse der autoritären Regime – China, Russland und ihre Satellitenstaaten – die Schwäche des Westens zu testen. Denn die autoritären Herrscher denken in Nullsummenspielen. Nur zwei Faktoren sind in ihren Berechnungen wichtig – Stärke und Schwäche."
"Hospodarske noviny", Tschechien: "US-Präsident Joe Biden hat das Attentat verurteilt und gesagt, dass er dankbar sei, dass es Donald Trump gut gehe. Das ist eine Reaktion, die vielleicht ein Teil der demokratischen Wähler zu schätzen weiß, keinesfalls aber die aufgehetzte Masse, in die sich die Republikanische Partei unter dem Einfluss des Populisten Trump verwandelt hat. (...) Seine Rhetorik wird sich verschärfen und er wird versuchen, sich mit der Aura eines Mannes zu umgeben, der überlebt hat.
Die Demokraten können dagegen in der aktuellen Situation nicht ankämpfen, sondern nur Geduld zeigen. Der Druck auf Präsident Joe Biden, das Handtuch zu werfen und einem Jüngeren den Vortritt zu lassen, wird noch größer werden. Die US-amerikanische Politik – und damit die ganze Welt – steht vor einem sehr unruhigen Sommer."
"La Repubblica", Italien: "In den sechzehn Tagen seit der TV-Debatte in Atlanta und nun nach dem Attentat auf Donald Trump in Butler hat sich der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf in einen unbarmherzigen Spiegel einer gefährdeten Demokratie verwandelt. Denn die körperliche Zerbrechlichkeit von US-Präsident Joe Biden und die politische Gewalt, die seinen Herausforderer Trump in Pennsylvania traf, haben Ängste und Instabilität hervorgerufen, die die Amerikaner verunsichern. Eine Nation (...) muss zur Kenntnis nehmen, dass jede Woche einen Unterschied machen kann, und wir sind noch knapp vier Monate von der Wahl entfernt.
Die Worte von Biden und von Donald Trump nach dem Attentat enthalten wichtige Aufrufe zu Vernunft, Einigkeit und Mäßigung und verurteilen politische Gewalt, aber erst die kommenden Wochen werden zeigen, ob sie nicht zu spät kommen. Denn erschwerend kommt hinzu, dass die meisten Bürger sie nicht mehr als legitime Führungspersönlichkeiten sehen."

"Sydney Morning Herald", Australien: "US-Präsident Joe Biden steht vor einem heiklen Balanceakt, während Amerika nach dem Attentat auf seinen größten politischen Rivalen noch immer taumelt. Nach wochenlangen Diskussionen im Zuge der TV-Debatte hatte Biden geplant, in den nächsten Wochen seine Angriffe auf Donald Trump zu intensivieren, um den Demokraten zu beweisen, dass er die geistige und körperliche Kraft hat, den aufrührerischen Republikaner bei der Wahl im November zu schlagen.
Die Strategie war einfach: den Wählern die Stärken seiner Leistungen in der ersten Amtszeit darlegen, eine mutige Vision für die Zukunft präsentieren und in die Offensive gegen Trump gehen, indem man ihn als die größte Bedrohung überhaupt für die Demokratie in den USA darstellt. Doch das Attentat auf den ehemaligen Präsidenten am Samstag hat alles auf den Kopf gestellt. Angesichts der Angst vor eskalierender Gewalt weiß Biden, dass er es sich nicht leisten kann, die schwelenden Spannungen eines Landes, das vor Feindseligkeit, Wut und Angst strotzt, noch weiter zu schüren."
"Los Angeles Times", USA: "Dies sollte ein Moment der Einheit sein – zu dem sowohl Präsident (Joe) Biden als auch Trump aufgerufen haben – um die Gewalt zu verurteilen und die Opfer mit einer Stimme zu betrauern. (...) Stattdessen droht der Vorfall die zutiefst polarisierte Nation weiter zu spalten und zu weiterer Gewalt anzustacheln. In einem Land, in dem es mehr Waffen als Menschen gibt, sollte das jeden Amerikaner beunruhigen. Das muss aber nicht so sein.
Das Beispiel, das die politischen Führer in den nächsten Tagen geben werden, ist entscheidend dafür, wie der Rest der Wahlkampfsaison verlaufen wird. (...) Trump und die Spitzen der Republikaner, die diese Woche auf dem Kongress in Milwaukee zusammenkommen, tragen eine besondere Verantwortung dafür, das Attentat nicht als Mittel zur Aufwiegelung ihrer Basis zu nutzen. Sie müssen erkennen, dass die USA im Moment ein Pulverfass sind, und die hitzige Rhetorik eindämmen, bevor Funken fliegen. Für den Augenblick müssen sie erkennen, dass Gewalt, sobald sie entfesselt ist, überparteilich ist."