John Boltons Verpflichtung als oberster Sicherheitsberater war von Anfang an ein Missverständnis. Wie so viele Personalentscheidungen des amtierenden US-Präsidenten. Während Donald Trump regelmäßig schwor, nicht nur keinen Krieg vom Zaum zu brechen, sondern im Gegenteil, möglichst viele GIs nach Hause zu holen, stand der Name Bolton für das genaue Gegenteil. Für einen Falken, der den Begriff Kriegstreiber vermutlich nicht einmal als ehrenrührig empfindet. Was also hatte Trump überhaupt dazu bewegt, diesen Hardliner an seinen Kabinettstisch zu holen?
Donald Trump war nicht zufrieden
Die Zusammenarbeit mit dem 70-Jährigen beendete der US-Präsident, wie er schon viele zuvor beendet hatte: eher unwirsch. Er habe seinen Sicherheitsberater darüber unterrichtet, "dass seine Dienste im Weißen Haus nicht mehr gebraucht werden", schrieb Donald Trump auf Twitter und nannte als Grund, dass er mit vielen Positionen Boltons überhaupt nicht einverstanden gewesen sei. Nun ist es nicht die Aufgabe von Präsidentenberatern, zu allem Ja und Amen zu sagen, sondern zu beraten, das beinhaltet auch Widerworte und Nachfragen. Doch damit konnte Trump noch nie etwas anfangen.
Die US-Seite "Daily Beast" merkt an, dass Bolton de facto schon seit langer Zeit seinen Job aufgeben habe, denn warum solle er auf einen Mann einreden, der sich damit brüste, keinen Rat zu brauchen, weil er eh alles besser wisse? Aus ähnlichen Gründen hatten schon viele Minister und Berater Trumps das Weiße Haus verlassen oder verlassen müssen. Die meisten von ihnen beschwerten sich im Nachhinein über die Unmöglichkeit, mit einem desinteressierten und des Zuhörens kaum fähigen US-Präsidenten zusammen zu arbeiten.
Trump hört nur ungern auf seine Leute
Es ist das System Trump, das diese hohe Personalfluktuation selbst produziert. Im Sommer wurde bekannt, dass das Weiße Haus bei der Kandidatenwahl zwar einen großen Aufwand betreibt, doch der Chef sich immer wieder über Empfehlungen hinweg setzt oder sich voreilig entscheidet, ohne Abschlussberichte abzuwarten. So gesehen ist es auch kein Wunder, dass jemand im Orbit des Präsidenten landet, der absehbar mit ihm irgendwann im Clinch liegen wird. Für Bolton wiederum war das Engagement im mächtigsten Zirkel der Welt die letzte Chance, noch einmal das ganz große politische Rad zu drehen.
Wohl auch deshalb hielt es Bolton erstaunlich lange an der Seite Trumps aus. Was beide verband, war der Eindruck, dass die Welt den USA nicht genug Respekt erweist, die Vereinigten Staaten gleichsam zum Spielball von Schurkenstaaten wie Iran und Nordkorea verkommen waren. Trump wähnt sich ohnehin von allen Seiten unfair behandelt, und den Falken Bolton, der einst den Irak-Krieg mit vorantrieb, interessiert nur, dass allein USA auf der Welt das Sagen haben. Das Ziel "America first" teilten sie, nur der Weg dahin unterschied sie.
Bolton: Lieber Bomben statt Reden
Denn Trump ist felsenfest überzeugt, dass er nur mit jemandem ein paar Stunden zusammen verbringen muss, und dann würde es schon einen Deal geben. Probiert hat er es mehrfach, am spektakulärsten waren seine Gipfel mit Nordkoreas Diktator Kim Jong Un – spektakulär aber fruchtlos. Ganz anders John Bolton. Über ihn sagte Trump halb im Scherz, er würde am liebsten gegen die ganze Welt zu Felde ziehen. Trumps strikte Weigerung, den Iran wegen seines Atomprogramms anzugreifen, sei für Bolton ein Anlass gewesen, das Handtuch zu werfen, heißt es. Schon vor Jahren hatte er für Luftangriffe gegen das Mullah-Regime plädiert. Die Friedensverhandlungen mit den afghanischen Taliban waren für ihn dann endgültig zu viel.
Trump hat nun drei Nationale Sicherheitsberater verschlissen. Der erste, Michael Flynn, musste nach nur wenigen Wochen im Zuge der Russland-Affäre gehen. Der zweite, Herbert McMaster, war vergleichsweise moderat, doch er wurde nie warm mit Trump und umgekehrt. Was also kommt nun? Außenminister Mike Pompeo, der sich am Ende auch mit Bolton überworfen hatte, sagte dazu, niemand solle annehmen, dass sich durch einen einzelnen Personalwechsel Trumps Außenpolitik markant ändern werde. Anders gesagt: Vermutlich trifft der US-Präsident wieder eine halbgare Entscheidung, die er irgendwann bereut.