Kandidatur für 2024 Donald Trump hofft auf ein Comeback. Doch die Zeichen stehen schlechter als je zuvor

Donald Trump spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. Der frühere US-Präsident will bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten.
Donald Trump spricht in seinem Anwesen Mar-a-Lago. Der frühere US-Präsident will bei der Präsidentenwahl 2024 erneut für die Republikaner antreten.
© Rebecca Blackwell / AP / DPA
Sehen Sie im Video: Trump kündigt Kandidatur für 2024 an – "Amerikas Comeback beginnt jetzt".




STORY: Donald Trump will bei der US-Präsidentschaftswahl 2024 erneut kandidieren. Trotz zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen gab der Ex-Präsident am Dienstag offiziell den Startschuss für seine Kampagne zur Rückkehr ins Weiße Haus. "Heute Nacht kündige ich meine Kandidatur für die Präsidentschaft der USA an", sagte er am Dienstag vor jubelnden Anhängern in seinem Luxus-Anwesen Mar-a-Lago in Palm Beach. Wenige Minuten vor Beginn seiner Rede wurde bekannt, dass seine Berater bei der US-Wahlkommission Unterlagen zur Schaffung eines Komitees mit dem Namen "Donald J. Trump for President 2024" eingereicht haben. Nach dem für viele Experten enttäuschenden Abschneiden der Republikaner bei den Kongresswahlen am Anfang November sieht sich Trump Kritik seiner Parteikollegen ausgesetzt. Zahlreiche prominente Verbündete des Republikaners hatten ihre Sitze an Demokraten verloren.
Nach der Midterms-Pleite für die Republikaner prescht Donald Trump mit seiner Präsidentschaftsankündigung vor. Doch diesmal muss er nicht nur seine durchwachsene Amtsbilanz verteidigen und sich mit juristischen Scherereien rumschlagen – auch innerhalb der Partei nimmt der Gegenwind zu. 

Es ist der 16. Juni 2015 als Donald Trump die goldene Rolltreppe seines Trump Towers hinuntergleitet und verkündet: "Meine Damen und Herren. Ich kandidiere offiziell für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten und wir werden unser Land wieder groß machen."

Sieben Jahre und drei verlorene Wahlen später – Midterms 2018, Präsidentschaftswahlen 2020 und die diesjährigen Zwischenwahlen – versucht er sein Glück erneut. Bei der groß angekündigten Rede, dieses Mal in seinem Mar-a-Lago-Anwesen in Florida, klingt es, als hätte jemand die Repeattaste gedrückt: "Um Amerika wieder groß und glorreich zu machen, gebe ich heute Abend meine Kandidatur für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten bekannt", verkündet Trump unter dem Jubel seiner Anhänger und verfällt sogleich in sein typisches Wahlkampfmuster.

Über eine Stunde lang wettert er gegen Joe Biden, der mit seinen "irren radikalen Linken" das Land in den Ruin getrieben habe ("wir werden vergiftet"), während er seine eigene Präsidentschaftsbilanz in überhöhten Tönen anpreist ("größte Wirtschaft aller Zeiten") und alte Versprechen wiederholt ("Grenzmauer zu Mexiko ausbauen"). "Amerikas Comeback beginnt genau jetzt", verspricht Trump.

Doch vieles spricht dafür, dass die Hürden für sein eigenes Comeback diesmal deutlich höher sind.

Kein leichtes Erbe

Bei seiner Kandidatur vor sieben Jahren hatte Trump einen entscheidenden Vorteil: Politisch gesehen war er noch ein unbeschriebenes Blatt. Keine Amtserfahrung hieß in seinem Fall keine schlechte Amtserfahrung. Als neuer Shootingstar auf der Politikbühne konnte er den Wählerinnen und Wählern das Blaue vom Himmel versprechen, ohne dass Kritiker mit dem Finger auf vergangene Versäumnisse hinweisen konnten. Damit ist es nun vorbei.

Während Trump nach seiner Zeit als Präsident durchaus politische Erfolge vorzeigen kann – unter anderem Steuersenkungen, eine Strafjustizreform sowie die konservative Ausrichtung des Supreme Courts – ist er jedoch hinter vielen Wahlversprechen zurückgeblieben. In seinen vier Jahren im Weißen Haus hat er es weder geschafft, wie von ihm geplant, die umstrittene Krankenkassenreform Obamacare zu kippen, noch seine vielfach angekündigten Investitionen in die Infrastruktur zu verwirklichen. Hinzu kommt sein mangelhafter Umgang mit der Corona-Pandemie, bei der er die Gefahr des Virus herunterspielte und dafür überparteiliche Kritik einstecken musste.

Die Nachwehen vom Kapitol-Sturm

Doch Trump muss nicht nur für seine politischen Fehler gerade stehen, sondern auch für die Art und Weise, wie er mit dem Ende seiner Präsidentschaft und dem Angriff auf das Kapitol umgegangen ist. Die Bilder vom 6. Januar 2021, als tausende, teils schwer bewaffnete Trump-Anhänger das Kapitol stürmten und den friedlichen Machtwechsel vorübergehend stoppten, haben sich in die Köpfe der Amerikanerinnen und Amerikaner eingebrannt. Trump selbst musste sich danach einem zweiten Amtsenthebungsverfahren im Kongress stellen, wo er wegen "Anstiftung zum Aufruhr" angeklagt wurde, weil er seine Unterstützer öffentlich angestachelt hatte.

Nun haben die diesjährigen Midterms gezeigt, dass der "6. Januar" – und damit auch Trumps Hetze gegen angeblichen Wahlbetrug – noch immer Schatten werfen. Die Mehrheit von Trumps handverlesenen Kandidaten, die eifrig seine Lüge der gestohlenen Wahl verbreiteten, wurden in den Zwischenwahlen abgestraft. Dabei schnitten viele von ihnen auffällig schlechter ab als andere republikanische Kandidaten, die sich nicht auf die Stimmungsmache gegen die Wahlen eingelassen hatten. Nicht wenige in der "Grand Old Party" (GOP) schieben die Schuld für die enttäuschenden Midterm-Ergebnisse dem Ex-Präsidenten persönlich in die Schuhe.

Starke Konkurrenz

Die Midterms haben nicht nur Trump – über seine Kandidaten – schlecht aussehen lassen, sie haben auch seiner innerparteilichen Konkurrenz neuen Auftrieb verschafft. Ganz vorne mit dabei Floridas Gouverneur Ron DeSantis, der mit einem starken Ergebnis wiedergewählt wurde und damit gezeigt hat, dass auch er die konservativen Wählerinnen und Wähler für sich begeistern kann. Zwar vertritt der 44-Jährige ähnliche Hardliner-Positionen wie Trump selbst, wirkt jedoch in seinem Auftreten deutlich seriöser. Noch ist unklar, ob er kandidieren wird, doch in Washington wird der kernige Gouverneur längst als möglicher Frontrunner gehandelt. Dass er Trump gefährlich werden könnte, zeigt auch der direkte Vergleich: Laut Umfragen unter republikanischen Wählern in Iowa und New Hampshire – den ersten Staaten, auf die es im Nominierungsprozess ankommt – lässt DeSantis den Ex-Präsidenten mit zweistelligem Abstand hinter sich.

Und auch andere Republikaner dürften sich durch Trumps wackelige Position ermutigt fühlen, aus der Deckung zu kommen. So ging Trumps Vizepräsident Mike Pence bereits auf Distanz, indem er verkündete, dass er über eine Kandidatur nachdenke und auch bereit wäre, gegen seinen einstigen Chef anzutreten. Aus der gemäßigteren Ecke der Partei könnten sich zudem Virginias Gouverneur Glenn Youngkin oder auch Trumps Erzfeindin Liz Cheney ins Spiel bringen.

Schwindende Beliebtheit

Mit seiner frühzeitigen Kandidatur-Ankündigung will Trump der Konkurrenz,  insbesondere DeSantis, den Wind aus den Segeln nehmen. Doch sein Vorpreschen kurz nach den für die Republikaner enttäuschenden Zwischenwahlen birgt Risiken. Schon im Vorfeld seiner Ankündigung warnten führende Stimmen in der GOP, dass die "Trump-Müdigkeit" bereits zur Niederlage 2020 beigetragen habe und die Wählerinnen und Wähler nach 2022 erst recht eine Pause bräuchten. Kurz vor seiner Ankündigung war sogar Senator Lindsey Graham extra nach Florida geflogen, um Trump persönlich zu bitten, diese zu verschieben – ohne Erfolg.

Auch erste Umfragen nach den Midterms bestätigen, dass die Beliebtheit des Ex-Präsidenten rapide abnimmt. Das spielt vor allem in jenen Schlüsselstaaten eine Rolle, die er für eine erneute Präsidentschaft gewinnen müsste. So geben in New Hampshire nur 30 Prozent der Wähler:innen an, eine erneute Trump-Kandidatur zu unterstützen – in Florida sind es gerade einmal 33 Prozent. 

Zudem wird immer deutlicher, dass auch jene konservativen Medien, die Trump einst als Sprachrohr dienten – allen voran Fox News und andere, die zum Murdoch-Imperium gehören – den Ex-Präsidenten zunehmend auf dem absteigenden Ast sehen. "Der größte Verlierer? Donald Trump", kommentierte Fox-News-Kolumnistin Liz Peek die Pleite der Republikaner bei den Zwischenwahlen. Die "New York Post" verspottete ihn jetzt mit einer Karikatur auf ihrer Titelseite, nachdem sie tags zuvor ebenfalls auf der Titelseite DeSantis als "DeFUTURE" gefeiert hatte. Und die Redaktion des "Wall Street Journals" bezeichnete den Ex-Präsidenten schlicht als "größten Verlierer der Republikanischen Partei".

Juristische Scherereien

Einer der Gründe, warum der Ex-Präsident so erpicht darauf sein könnte, wieder ins Weiße Haus einzuziehen, ist, neben der schier grenzenlosen Aufmerksamkeit die Immunität vor Strafverfolgung, die mit dem Amt verbunden ist. Ein Vorteil, der für Trump sehr reale Konsequenzen haben könnte. Schließlich ist er gleich in mehrere rechtliche Auseinandersetzungen verwickelt, die ihm gefährlich werden könnten. In Georgia muss er sich wegen des Vorwurfs der Wahlmanipulation mit Blick auf die Wahlen 2020 verantworten. In New York laufen ein Zivilbetrugsfall gegen sein Geschäftsimperium, eine Verleumdungsklage wegen sexueller Übergriffe sowie die Untersuchungen zu seiner Rolle beim Kapitol-Sturm und seinem Umgang mit vom FBI beschlagnahmten Geheimdokumenten.

Jede dieser Untersuchungen könnte zu handfesten Prozessen führen, die das Potential haben, die Schlagzeilen zu bestimmen und Trumps Wahlkampfpläne zunichte machen könnten. Nach Einschätzungen von Juristen könnten ihm – im schlimmsten Fall – massive Geldstrafen oder sogar Gefängnis drohen.

Gegen die Geschichte

Hinzu kommt der Blick in die Vergangenheit. Bisher hat erst ein Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten eine zweite Amtszeit im zweiten Anlauf gewonnen – und das ist mehr als 100 Jahre her. 1892 läutete der Demokrat Grover Cleveland, der nach seiner ersten Amtszeit vom Republikaner Benjamin Harrison aus dem Weißen Haus verdrängt worden war, die Revanche ein und konnte die Wahl diesmal für sich entscheiden. Seither wird er als 22. und 24. Präsident der USA geführt. Unter den neun anderen Präsidenten, die nach einer Amtszeit abgewählt wurden, kandidierte nur ein weiterer jemals wieder: Martin Van Buren, der 1844 die demokratische Nominierung verlor und vier Jahre später erfolglos als Kandidat der sogenannten "Free Soil Party" antrat.

Und doch hat das Jahr 2016 die Welt gelehrt, dass in den USA alles möglich ist. Auch wenn die Hürden, die es sowohl in der Partei als auch außerhalb für ihn zu überwinden gilt, höher scheinen als vor sieben Jahren, wäre es ein Fehler, den Ex-Präsidenten vorzeitig abzuschreiben.

Denn wie es die "New York Times"-Journalistin und Trump-Expertin Maggie Haberman auf den Punkt bringt, die Republikaner sind noch immer eine Trump-Partei und Trump immer noch der stärkste Kandidat.

Quellen: "NY Times", "BBC", "Washington Post", "The Daily", mit AFP-Material