Afghanistans Präsident Hamid Karsai hat seine scharfe Kritik am Nato-Militäreinsatz im Land bekräftigt. Dem Anti-Terror-Kampf mangele es an einer nachvollziehbaren Strategie. "Der Westen hat nicht die Rückzugsgebiete der Terroristen bekämpft, nicht ihre Trainingscamps", sagte Karsai der "Süddeutschen Zeitung". Das eigentliche Problem liege im Nachbarland Pakistan und sei nicht angegangen worden. "Wie kann das logisch sein, wie kann man da zu Ergebnissen kommen", fragte Karsai. Zugleich bemängelte er, dass seine Regierung vom Westen respektlos behandelt worden sei. "Wir möchten, dass diese Beziehungen besser funktionieren, wir möchten wie Verbündete behandelt werden, nicht wie ein Gegenstand", sagte er in dem Gespräch im Präsidentenpalast von Kabul weiter.
Die Chancen, bis zum Abzug des Nato-Kampftruppen im nächsten Jahr mit den Taliban einen Friedensschluss zu erreichen, sind inzwischen gering. Karsai sagte, seine Regierung habe sporadische Kontakte mit den Islamisten, es gebe jedoch keine Verhandlungen. Er rief die Taliban auf, die Waffen niederzulegen und sich am politischen Prozess zu beteiligen. Taliban-Anführer Mullah Omar könne 2014 Präsidentschaftskandidat werden und "den Afghanen die Möglichkeit geben, für ihn oder gegen ihn zu stimmen". Berichte der Opposition, er selbst könnte auch gegen die Verfassung eine weitere Amtszeit anstreben, wies der seit 2001 amtierende Staatschef zurück. Er werde nach der Wahl "ein Ex-Präsident sein", der nicht ins Exil gehen, sondern bleiben wolle.
Karsai hatte im Rahmen seiner Friedensbemühungen mit den Taliban am Wochenende Gespräche in Katar geführt. Dazu traf er mit dem Emir in Doha zusammen. Karsai strebt Verhandlungen zwischen den Aufständischen und dem Hohen Friedensrat Afghanistans in Doha an, die in einen politischen Prozess münden sollen. Friedensgespräche ausländischer Staaten mit den Taliban lehnt er ab.