Einstiger Hoffnungsträger Kroatiens Der tiefe Fall des Politikers Ivo Sanader

Nach dem Bürgerkrieg galt Ivo Sanader als "modernes und demokratisches Gesicht" Kroatiens. Er rechnete mit den extremen Nationalisten ab und führte sein Land in Richtung Nato und EU. Jetzt gilt er als der meist gehasste Politiker, dem Gefängnis droht.

Tadelloses Auftreten ist sein Markenzeichen: Der dunkle Maßanzug, das helle Hemd mit akkuraten Manschetten, die dunkle Krawatte, die große Uhr am Handgelenk, das grau melierte Haar sorgfältig gescheitelt - der 57-jährige Ivo Sanader trat stets als Staatsmann wie aus dem Bilderbuch auf. Der einstige Reformator und Hoffnungsträger Kroatiens ist tief gefallen: Einst Ministerpräsident, Vorsitzender der HDZ-Regierungspartei und wichtigster Politiker des Landes, ist er nun Angeklagter in mehreren großen Korruptionsfällen.

Dabei hatte sich der aus Split stammende tief gläubige Katholik große Verdienste erworben. Nach dem Bürgerkrieg (1991-1995) und dem Tod des ersten freigewählten Präsidenten Franjo Tudjman (1999) übernahm der promovierte Philologe die HDZ-Führung. Er stellte die bis dahin dominierenden Nationalisten kalt und legte seine Partei auf die Nato und die EU fest. Als Regierungschef (2003-2009) sorgte er für den raschen Aufbau eines engen Autobahnnetzes, das dem Tourismus - immerhin die Haupteinnahmequelle des Landes - zum rasanten Aufschwung verhalf.

Schnell verpasste man Sanader, der in Innsbruck studiert hatte, das Etikett "kroatischer Adenauer", das dem Politiker mit starkem Bezug zum deutschen Sprachraum sichtlich schmeichelte. Den Bayerischen Verdienstorden erhielt er 2007. Seine engen Verbindungen zu Österreich und Deutschland könnten jetzt auch in dem anstehenden Korruptionsverfahren eine Rolle spielen.

Es habe "furchtbaren Druck" Sanaders gegeben, "damit (der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund) Stoiber die Hypo Bank übernehmen kann", hatte Nationalbankchef Zeljko Rohatinski gesagt. Später waren in den Medien immer wieder Berichte über Provisionszahlungen der Bank an Sanader aufgetaucht, was der stets bestritten hatte.

Auch seine Kritiker erkennen an, dass Sanader als wichtigster Politiker im Land große Durchsetzungskraft bewiesen hat. Allerdings liebte er nicht den großen öffentlichen Auftritt. Interviews, vor allem mit ausländischen Journalisten, lehnt er meist ab. Jetzt hofft er auf Hilfe durch seine vielen ausländischen Kontakte: Er beschwerte sich bei der EU-Kommission über die angebliche Kampagne seiner Gegner und suchte auch Beistand in den USA, wussten die heimischen Medien zu berichten.

DPA
Thomas Brey, DPA