Emmanuel Macron hat seine erste Aufgabe als neu gewählter Präsident Frankreichs mit Bravour gemeistert. Der 39-Jährige, ohnehin mit rednerischem Talent gesegnet, hielt eine Ansprache, die in jeder Hinsicht staatsmännisch war: ohne Groll, versöhnend, Mut machend aber auch realistisch.
Fünf bemerkenswerte Sätze aus der Rede des französischen Präsidenten und was man von ihnen halten soll:
"Ich weiß, dass einige mich nur gewählt haben, um die Republik zu verteidigen"
Ein erstaunlicher Satz. Macron sagt klar und deutlich, dass er nicht der Liebling der Massen war, sondern eine Kompromisswahl, um die rechtsextreme Marine Le Pen als Präsidentin zu verhindern. Erste Wahlanalysen bestätigen die Aussage. Rund 40 Prozent der Wähler haben ihr Kreuz explizit für den Mitte-Kandidaten gemacht, um gegen Le Pen zu stimmen.
"Ich kenne die Wut, Angst, Zweifel aber auch die Überzeugung, die einige von euch ausgedrückt haben. Ich respektiere sie"
Eine Geste der Versöhnung. Macron kanzelt die Wähler des Front National nicht ab, sondern versucht ihnen die Hand zu reichen. Allerdings wird von jedem Präsidenten eine solche Äußerung des Ausgleichs erwartet. Gleichwohl muss er auch in allen Lagern um Zustimmung buhlen. Denn seine politische Agenda ist links wie rechts, und da er über keine Partei verfügt, die seine Ideen im Parlament unterstützt, ist er gezwungen, mit allen Fraktionen zusammenzuarbeiten.
"Frankreich wird an der Spitze des Kampfes gegen den Terrorismus sein"
Die Grande Nation leidet wie kein anderes europäisches Land unter dem Terrorismus. 240 Menschen sind seit 2015 bei Anschlägen ums Leben gekommen, darunter bei den Attentaten auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo, im November 2015 in Paris und im Sommer vergangenes Jahr in Nizza, der Terrorismus zwingt die französische Regierung zum Handeln. Dass Macron eines seiner Hauptaugenmerke auf den Anti-Terrorkampf legt, ist auch seiner Gegnerin Marine Le Pen geschuldet. Sie hatte ihm im Wahlkampf immer wieder vorgeworfen, zu lasch mit der Dauerbedrohung umzugehen.
"Ich werde Europas gemeinsames Schicksal verteidigen"
Ein klares Bekenntnis zu den Ideen der Aufklärung und zur Europäischen Union und eine klare Absage an isolationistische Bestrebungen und Populismus. Konkret möchte Macron helfen, die Einheit Europas wiederzuherstellen, die innere Sicherheit zu stärken sowie die Wirtschaft zu sanieren. Bereits im Wahlkampf hatte Macron angekündigt, die Achse Paris-Berlin weiter stärken zu wollen. Auch wenn einige Ideen des sozialliberalen neuen Präsidenten nicht nur auf ungeteilte Begeisterung in Deutschland stoßen werden.
"Heute Abend öffnet sich eine neue Seite in der Geschichte"
Diese Aussage dürften Rechte wie Linke als Kampfansage betrachten. Denn Frankreichs Präsident hat bereits angekündigt, dass er die EU-Zusammenhang vertiefen will, etwa durch die Schaffung eines europäischen Finanzministeriums (was den EU-Gegner um Le Pen auf die Palme bringt) und die Liberalisierung der französischen Wirtschaft (was die Linken in Frankreich auf die Palme bringt).