Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat sich in einem Interview mit CNN direkt zur Posse rund um die "extra3"-Satire und die Einbestellung des deutschen Botschafters geäußert. "Ob das nun Satire ist oder nicht. Alles muss Grenzen haben", sagte Erdogan auf die zweite Nachfrage der CNN-Moderatorin Christiane Amampour in ihrer Sendung. Ihrem Einwand, warum er sich überhaupt für so etwas interessiere, statt es einfach zu ignorieren, hatte er vorher versucht, mit Floskeln auszuweichen.
Mit einer schlichten Karikatur, einer Zeichnung, habe er keine Probleme. "Aber wenn Sie eine Karikatur entwerfen und den Protagonisten in einer Form darstellen, in der er nicht sein sollte, und wenn man diesen dann mit Sachen in Verbindung bringt, mit denen man ihn nicht in Verbindung bringen sollte, dann können Sie nicht erwarten, dass das akzeptiert wird."
Erdogan fühlte sich vom "extra3"-Song "Erdowie, Erdowo, Erdogan" als Terrorist hingestellt und habe daher das Recht, sich mit seinen Anwälten gegen so eine Verleumdung zu wehren. Damit dürfte er auf folgende Zeilen anspielen: "Die Kurden hasst er wie die Pest. Die bombardiert er auch viel lieber, als die Glaubensbrüder drüben beim IS". Für Kritik sei Erdogan grundsätzlich "sehr offen". "Aber wir sollten Kritik nicht mit Beleidigungen und Diffamierung verwechseln".
Deutscher Botschafter nach Erdogan-Satire einbestellt
In Deutschland hatte das NDR-Fernsehmagazin "extra 3" am 17. März einen satirischen Beitrag über Erdogan ausgestrahlt, der auf YouTube mittlerweile fast fünf Millionen Mal angeklickt wurde. Der Beitrag des Satire-Magazins mit der Musik von Nenas Hit "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" enthält auch Textzeilen, wie "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast". Der türkische Präsident reagierte erbost, der deutsche Botschafter in Ankara wurde einbestellt.
Im weiteren Verlauf des Interviews ging die CNN-Journalistin Amanpour auch auf den international scharf kritisierten Umgang mit der heimischen Presse durch die türkische Regierung ein. Der Präsident wehrte sich gegen die Frage, warum er einen Krieg gegen die Medien führe und fragte raunend, ob denn Spionage von der Pressefreiheit gedeckt sei. Den Einwand Amanpours, dass er einfach kritische Journalisten als Terroristen und Spione diffamieren und verfolgen würde, bügelte er ab. "Wir haben nie etwas getan, um die Medienfreiheit einzuschränken." Die türkische Regierung habe trotz "harter Attacken von der Presse" lange viel Geduld gezeigt. Wer aber Geheimnisse des Staates verrate, müsse mit Konsequenzen rechnen.
Prozess gegen regierungskritische Journalisten
In Istanbul läuft aktuell unter starkem öffentlichen Protest ein Prozess gegen zwei regierungskritische türkische Journalisten. Dem Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, und dem Leiter der Redaktion in Ankara, Erdem Gül, wird Spionage vorgeworfen. Ihnen droht im Falle einer Verurteilung lebenslange Haft. Das Blatt hatte im Mai berichtet, der türkische Geheimdienst habe bei der Lieferung von Waffen an Extremisten in Syrien geholfen.