Dies wird etwas ganz Besonderes. Wenn Slowenien zum Jahreswechsel die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, dann lenkt erstmals eines der seit 1. Mai 2004 beigetretenen zwölf neuen Mitglieder die Geschicke der Europäischen Union. Mit zwei Millionen Einwohnern ist Slowenien das fünftkleinste Mitglied der EU (nach Malta, Luxemburg, Zypern und Estland). Und die Regierung in Ljubljana übernimmt die große EU-Verantwortung in jenen ersten sechs Monaten des Jahres 2008, in der der Konflikt um die Zukunft des Kosovos sich aller Voraussicht nach dramatisch verschärfen wird.
"Kosovo wird die größte Herausforderung für uns sein", sagte Sloweniens Außenminister Dimitri Rupel. Slowenien als ehemaliger Teil Jugoslawiens kennt sich gut aus: Nach der Erklärung der Eigenstaatlichkeit im Juni 1991 und einem nur zehn Tage währenden Krieg gegen jugoslawische Truppen wurde Slowenien Ende 1991 vergleichsweise ohne größeres Blutvergießen international anerkannt. Viele Sympathiebekundungen für die Kosovo-Albaner lassen manche EU-Diplomaten allerdings fürchten, dass sich die Slowenen im Umgang mit den Serben nicht leicht tun könnten. "Wir wissen, dass es kurzfristig keinen Durchbruch geben wird", sagt Europa-Staatssekretär Janez Lenarcic.
Regierungschef erwartet keine Krise
Im Gegensatz zu den beiden Vorgänger-Ratspräsidentschaften Portugal und Deutschland erwartet Sloweniens Regierungschef Janez Jansa keine akute EU-Krise, die es im ersten Halbjahr zu lösen gilt. Es sei denn, der mühsam ausgehandelte und Mitte Dezember unterschriebene "Vertrag von Lissabon" scheitert bei der in Irland nötigen Volksabstimmung. Die soll während der slowenischen Präsidentschaft stattfinden - und ein irisches "No" würde die EU wieder in jene tiefe Krise zurückstoßen, aus der sie sich gerade befreit zu haben meint.
Der nächste EU-Gipfel vom 13./14. März unter slowenischem Vorsitz dürfte sich vor allem mit dem Klimaschutz befassen, wo Streit - da keine Verträge formulierten werden müssen - leichter durch Formelkompromisse beigelegt werden kann. Richtig hart zur Sache geht es in der EU erst wieder, wenn der hyperaktive Franzose Nicolas Sarkozy vom 1. Juli an tätig wird: In Sachen Erweiterung, Finanzplanung und Agrarpolitik kommt dann jede Menge Ärger auf die EU zu.
Große EU-Staaten schicken Berater
Einige große EU-Staaten haben schon seit Monaten eigene Diplomaten und Beamte nach Ljubljana geschickt, um dort bei den Vorbereitungen auf die Ratspräsidentschaft zu helfen. Alleine aus Deutschland sind es nach Angaben von Diplomaten rund 20. Zwar zeigt Luxemburg schon seit 50 Jahren, dass kleine Staaten gelegentlich bessere EU- Ratspräsidentschaften vorlegen können als große, doch hat Slowenien noch keine einschlägige Erfahrung. "Wir haben großes Interesse daran, dass Sloweniens Präsidentschaft ein voller Erfolg wird", sagt der EU- Botschafter eines Alt-Mitglieds. Niemand will den Eindruck entstehen lassen, als ließen die "Alten" den Neuling Slowenien auflaufen.
Außenminister Dimitri Rupel (61), seit 1990 bereits zum dritten Mal in diesem Amt, gilt als überaus erfahren in allen EU-Fragen und hat seinem Land daher Selbstbescheidung verordnet. Slowenien verzichtet auf größere Konferenzen auf heimischem Boden und beschränkt sich auf informelle Ministerräte. Nahe der knapp 300.000 Einwohner zählenden Hauptstadt Ljubljana steht dafür ein einziges Konferenzzentrum bereit. Und weil die EU weltweit präsent sein muss, Slowenien das aber nicht ist, wird Frankreich seine 110 Botschaften für alle EU-Geschäfte zur Verfügung stellen.