Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen an diesem Donnerstag in Brüssel zusammen, um über die Folgen des Neins der Iren zum EU-Reformvertrag zu beraten. Nach dem Scheitern der Verfassung 2005 muss die EU nun erneut eine schwere Krise meistern. Bei dem zweitägigen Gipfel wollen die 27 EU-Staaten auch überlegen, wie den Bürgern angesichts dramatisch gestiegener Energie- und Lebensmittelpreise geholfen werden kann.
Ein weiteres Thema ist der Schutz der EU-Grenzen vor illegalen Einwanderern sowie eine neue Partnerschaft mit den Mittelmeerstaaten. Die Gipfelrunde will zudem beschließen, die Slowakei am 1. Januar 2009 als 16. Mitglied der Eurozone aufzunehmen.
Zustimmung aus Großbritannien
Am Mittwochabend stimmten die Lords im britischen Oberhaus, der zweiten Parlamentskammer, nach mehrstündiger Schlussdebatte dem EU-Vertrag zu. Die gewählten Volksvertreter im Unterhaus hatten bereits im März zugestimmt. Damit kann das Ratifizierungsgesetz von Königin Elizabeth II. unterschrieben werden und in Kraft treten. Großbritannien ist das 19. EU-Mitgliedsland, in dem der Vertrag vom Parlament angenommen worden ist.
Die slowenische EU-Ratspräsidentschaft begrüßte die Entscheidung des britischen Oberhauses. Die Zustimmung zum EU-Vertrag zeige, dass dieser "noch Leben in sich" habe. Die Ratifizierungen in den Mitgliedstaaten sollten weitergehen, hieß es in der Mitteilung.
Eine Möglichkeit, den Vertrag zu retten, wäre eine zweite Volksabstimmung der Iren. Zuvor könnte die EU geschlossen zu den Bedenken des Landes Garantien abgeben - beispielsweise zur Neutralität. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso rief zur Solidarität mit Irland auf. "Überhastete Festlegungen oder gar Druck bringen doch nichts", sagte er der Tageszeitung "Die Welt". Zugleich rief Barroso die EU auf, nach dem Nein in Dublin nicht in eine "Schockstarre" zu verfallen.
Erklärungsversuche aus Irland
Der irische Ministerpräsident Brian Cowen bittet unterdessen angesichts der EU-Krise um Geduld. Nach dem Nein seiner Landsleute zu dem Vertrag von Lissabon "braucht Irland Zeit, um das Ergebnis der Volksabstimmung zu analysieren und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen", sagte Cowen.