Falludscha "In den Straßen liegen Leichen"

Ungeachtet der Erfolgsmeldungen der US-Armee hat es in der irakischen Stadt Falludscha weiter heftige Gefechte gegeben. Die Rebellen drohen, den Kampf auf das gesamte Land auszudehnen.

US-Panzer feuerten in Falludscha Granaten auf Stellungen von Aufständischen im Stadtteil Schuhada, wie ein Reuters-Reporter berichtete. Ein Hilfskonvoi des Roten Halbmondes könne wegen der Kämpfe nicht in das Zentrum der Stadt zu den Not leidenden Menschen gelangen. Zuvor hatte ein US-Panzerkommandant berichtet, es gebe nur noch vereinzelt Widerstand. "Die Einsätze sind fast vorbei", hatte auch ein Minister der irakischen Regierung gesagt. Rebellen des Al-Kaida-Verbündeten Mussab al Sarkawi drohten damit, den Kampf auf das gesamte Land auszudehnen. US-Präsident George W. Bush erklärte, vor den Ende Januar geplanten Wahlen könne die Gewalt von Aufständischen weiter eskalieren. Bewohner Falludschas berichteten von einer katastrophalen Versorgungslage in der Stadt und zahlreichen Toten auf den Straßen.

Die Gefechte am Sonntag schienen sich im wesentlichen auf den Bezirk Schuhada zu konzentrieren, der als Hochburg ausländischer Kämpfer al Sarkawis gilt. Bewohner berichteten, die US-Truppen griffen aus der Luft und mit Artillerie Ziele in Schuhada, aber auch in Dscholan im Nordwesten an.

Baldiges Ende der Kämpfe erwartet

Ein US-Panzerkommandant hatte sich zuvor zuversichtlich geäußert, dass die Offensive bald beendet werde. "Vor zwei Tagen sind sie rausgekommen und haben mit uns gekämpft. In der vergangenen Nacht sind sie geflohen", sagte Panzerkommandant Robert Bodisch. "Es sieht danach aus, dass wir ihren Widerstand brechen. Es wird nicht mehr lange dauern." Zuvor hatte auch der irakische Sicherheitsminister Kassim Daud gesagt, es gebe in der Stadt nur noch einige Widerstandsnester. Daud zufolge haben die Truppen rund 200 Rebellen gefangen genommen. Mehr als 1000 Aufständische seien getötet worden. Nach US-Angaben wurden 22 amerikanische Soldaten und fünf irakische Kameraden getötet. Rund 10.000 US-Soldaten und etwa 2000 irakische Sicherheitskräfte hatten am Montag vergangener Woche mit der Offensive in Falludscha begonnen.

Katastrophale Lage in der Stadt

Die Hilfsorganisation Roter Halbmond erklärte, die Lage in der Stadt sei katastrophal und schickte sieben Lastwagen mit Hilfsgütern nach Falludscha. Es war der erste Hilfstransport für die Stadt seit Beginn der Offensive. Die Wagen sollten am Sonntag den Euphrat überqueren, um zu den Menschen im Zentrum zu gelangen. "Unsere Situation ist sehr hart", berichtete ein Bewohner telefonisch. "Wir haben weder Nahrung noch Wasser, und meine sieben Kinder haben starken Durchfall." Einer seiner Söhne sei durch einen Granatsplitter verletzt worden und warte vergeblich auf ärztliche Hilfe. "In den Straßen liegen Leichen."

Die US-Truppen wollen vor den geplanten Wahlen im Irak den Widerstand im Land endgültig brechen. Falludscha galt als eine Hochburg der Rebellen um al Sarkawi, die sich am Samstag mit einem Videoband zu Wort meldeten. Darin drohte ein vermummter Mann im Namen mehrerer Rebellengruppen, sie würden insbesondere Soldaten und Regierungsbeamte Iraks ins Visier nehmen, sollten diese nicht sofort den Dienst quittieren. Die Erklärung wurde von elf Rebellengruppen unterzeichnet - darunter die Al-Kaida-Organisation des Heiligen Krieges im Irak sowie die Islamische Armee. Einige der Unterzeichnergruppen haben sich zu einer Reihe von verheerenden Bombenanschlägen sowie Geiselnahmen und Morden im Irak bekannt.

Bush warnt vor Eskalation der Gewalt

Bush sprach in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache von bedeutenden Fortschritten in Falludscha, warnte jedoch zugleich vor einer Eskalation der Gewalt durch die Rebellen im ganzen Land. "Mit dem Näherrücken der Wahlen im Januar wird die Verzweiflung der Mörder wachsen, und die Gewalt könnte eskalieren", sagte Bush am Samstag. "Der Erfolg der Demokratie im Irak wäre ein empfindlicher Schlag für die terroristischen Kräfte, und die Terroristen wissen das", fügte er hinzu.

Reuters
Michael Georgy und Omar Anwar/Reuters