Fragwürdige Imagekampagne Goldman-Chef verrichtet "Gottes Werk"

Der Zusammenbruch von Lehman Brothers hat sich gerade gejährt. Doch die Erinnerung verblasst: Inzwischen verdienen die Banker wieder Millionenboni. Goldman-Chef Lloyd Blankfein verteidigt die Zahlungen - und spricht von einem "sozialen Zweck".

Goldman-Sachs-Vorstandschef Lloyd Blankfein hat erneut die Bonuszahlungen an die Mitarbeiter des Wall-Street-Hauses verteidigt. Eine leistungsbezogene Vergütung sei eine Garantie für verantwortliches Handeln und ein klares Anzeichen für eine Erholung der Weltwirtschaft, sagte Blankfein der "Sunday Times".

Zudem strich er die gesellschaftliche Rolle der Banken heraus: "Wir helfen Unternehmen, die wachsen wollen, bei der Aufnahme von Kapital. Wachsende Unternehmen wiederum schaffen Wohlstand. Wir dienen also einem sozialen Zweck", sagte Blankfein und fügte hinzu. "Ich bin bloß ein Banker, der Gottes Arbeit verrichtet."

Das Blankfein-Interview ist Teil einer Imagekampagne von Goldman Sachs. Keine Bank wird im Hinblick auf Bonuszahlungen so kritisch von der Öffentlichkeit beurteilt. Im dritten Quartal lagen die Rückstellungen für Personalkosten bei 5,4 Milliarden Dollar und damit niedriger als im Vorquartal. Die Summe entspricht rund 43 Prozent der Nettoerträge. Dieser Posten beinhaltet leistungsabhängige Zahlungen, aber auch Abfindungen oder Steuern. Insgesamt hat die Bank damit in diesem Jahr 16,7 Milliarden Dollar für die Entlohnung von Mitarbeitern beiseite gelegt.

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Die wieder ansteigenden Saläre haben heftige Kritik ausgelöst, da die Institute mit Milliarden an Hilfen gestützt wurden - und die an den Märkten spürbare Besserung bisher auf dem Arbeitsmarkt nicht angekommen ist. Goldman Sachs ist dabei besonders in die Schusslinie geraten und hat harte Überzeugungsarbeit vor sich. Das US-Musikmagazin "Rolling Stone" etwa beschrieb die Bank in einem im Frühsommer erschienenen Artikel als "riesigen Vampirtintenfisch, der sich um das Gesicht der Menschheit gewickelt hat und seinen Bluttrichter unbarmherzig in alles hineinpresst, was nach Geld riecht".

Goldman Sachs will daher sein Image aufpolieren. Zu einer großangelegten Charmeoffensive gehören Interviews mit Bankchef Blankfein, hohe Ausgaben für Lobbyarbeit in Washington sowie Überlegungen, das karitative Engagement des Geldhauses auszuweiten. "Es ist wichtig, dass wir unser Geschäftsmodell einem größeren Publikum erklären, warum es wichtig ist, was wir tun, und warum und wie wir unsere Mitarbeiter bezahlen", sagte ein Sprecher dem "Wall Street Journal" vor mehreren Tagen.

Goldman Sachs hat die Finanzkrise hinter sich gelassen und streicht wieder dicke Gewinne ein. Im dritten Quartal lag das Nettoplus bei 3,2 Milliarden Dollar oder 5,25 Dollar je Aktie. Die Nettoerträge lagen bei 12,37 Milliarden Dollar. Damit schlug das Geldhaus die ohnehin hohen Erwartungen noch.

Getrieben wurde das Ergebnis vom Handel und den Investments der Bank. Im Handel mit festverzinslichen Wertpapieren, Devisen und Rohstoffen erzielte Goldman Sachs Erträge von knapp 6 Milliarden Dollar, die Geschäfte mit Aktien brachten 2,8 Milliarden Dollar ein. Dabei ging die Bank weniger Risiko ein als zuvor: Der Value at Risk, der das mathematische Verlustrisiko ausdrückt, lag im dritten Vierteljahr durchschnittlich bei 208 Millionen Dollar. Im Vorquartal hatte er sich noch auf 245 Millionen belaufen.

Einige Beobachter zweifeln allerdings an der Nachhaltigkeit der Ergebnisse. "Handelsgewinne kommen und gehen", hatte Peter Jankovskis, Co-Leiter für Investitionen bei Oakbrook Investments, gesagt. "Das sind echte Einnahmen, aber es ist nichts, auf das man sich Quartal für Quartal verlassen kann."

Blankfein strotzt hingegen vor Zuversicht: "Obwohl die Welt weiter mit ernsthaften wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert ist, sehen wir Verbesserungen und Belege für eine Stabilisierung, sogar Wachstum, in einer Reihe von Sektoren."

FTD