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Umstrittene Rentenreform Demolierte Autos, brennender Müll: Gewalttätige Proteste nach Misstrauensvotum in Frankreich

Sehen Sie im Video: Umstrittene Rentenreform – gewalttätige Proteste nach Misstrauensvotum in Frankreich.




STORY: Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen die französische Regierung haben Demonstrierende in der Nacht zum Dienstag ihrem Ärger über die beschlossene Rentenreform Luft gemacht. Wie hier in Paris wurde mancherorts eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Müll wurde in Brand gesetzt, Fahrzeuge demoliert, Haltestellen entglast. Feuerwehrleute bemühten sich, die Brände zu löschen. Die Abfallhaufen waren aufgrund von Streiks tagelang nicht abgeholt worden. Es kam zu mehreren Festnahmen. Die landesweiten Proteste sollen fortgesetzt werden. Man sehe sich am Donnerstag wieder, erklärte eine Vertreterin der linken Gewerkschaft CGT in Paris. Herzstück der Reform ist die Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Die französische Regierung hatte am Montag ein Misstrauensvotum knapp überstanden. Ein Sturz der Regierung hätte auch das Aus für die Reform bedeutet, die Ministerpräsidentin Elisabeth Borne unter Umgehung des Parlaments durchgebracht hatte. Die Oppositionsparteien wollen die Verfassungskonformität der Reform prüfen lassen.

Die umstrittene Rentenreform in Frankreich ist verabschiedet, doch das Thema ist damit noch lange nicht vom Tisch. Viele Bürgerinnen und Bürger protestieren – und auch die Opposition will sich noch nicht geschlagen geben. In Paris wurde mancherorts eine Spur der Verwüstung hinterlassen.

Auch nach Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform kommt Frankreich nicht zur Ruhe. Nach landesweiten Protesten sind 287 Menschen festgenommen worden, 234 davon allein in der Hauptstadt Paris. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag aus Polizeikreisen. In Paris zogen kleine Gruppen von Demonstranten durch Stadtteile im Zentrum und setzten Abfallcontainer, Fahrräder und diverse andere Gegenstände in Brand. Wie aus Polizeikreisen verlautete, musste die Feuerwehr in der französischen Hauptstadt 240 Mal ausrücken. Elf Polizisten seien verletzt worden, berichtete der Sender BFMTV unter Berufung auf Polizeiquellen. Auch in anderen Städten wie Saint-Étienne, Straßburg, Amiens, Caen und Toulouse kam es laut Franceinfo zu spontanen Demonstrationen. Präsident Emmanuel Macron will sich an diesem Dienstag mit Premierministerin Elisabeth Borne und den Mehrheitsführern der Fraktionen treffen, wie der Élysée-Palast am Abend mitteilte. Allein in Paris seien rund 2000 Polizisten im Einsatz gewesen, berichtete BFMTV. Einige Demonstranten hätten Plakate mit Aufschriften wie "Wir werden auch gewaltsam vorgehen", "Zu den Waffen" oder "Macron Rücktritt" getragen. Politiker von rechts wie links forderten bereits den Rücktritt von Premierministerin Borne.

Frankreichs umstrittene Rentenreform

Die Reform zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre war am Montagabend nach der Ablehnung von zwei durch die Opposition eingebrachte Misstrauensanträge verabschiedet worden. Sie gilt als eines der wichtigsten Vorhaben von Präsident Macron. Seit Wochen gibt es in Frankreich immer wieder Streiks und heftige Proteste gegen die Reform. Vergangenen Donnerstag hatte die Regierung in letzter Minute entschieden, die Reform mit einem Sonderartikel der Verfassung ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung zu drücken. Die Opposition reichte daraufhin die Misstrauensanträge ein. Erwartet wird, dass Linke und Rechtsnationale im Streit über die Reform am Dienstag den Verfassungsrat anrufen werden. Sie könnten dort das Vorgehen der Regierung überprüfen lassen, die durch ein beschleunigtes Verfahren die Debattenzeit für die Reform im Parlament verkürzt und die Reform in einem Haushaltstext untergebracht hatte. Außerdem wollen die Linken versuchen, die Reform mit einem Referendum zu verhindern.

Weitere Streiks und Proteste geplant

Schon für Donnerstag sind zudem weitere Streiks und Proteste gegen die Reform geplant. Die Gewerkschaften riefen am Montagabend dazu auf, die Mobilisierung zu verstärken, und zwar so lange, bis die Reform zurückgenommen werde, hieß es in einem Aufruf der Gewerkschaft CGT. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren. Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer für eine volle Rente nicht lange genug eingezahlt hat, arbeitet länger. Mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag – dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1200 Euro hochsetzen. Mit der Reform will die Regierung eine drohende Lücke in der Rentenkasse schließen.

mth DPA Reuters AFP

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