Der Kampf gegen die Corona-Pandemie ist längst nicht mehr nur ein medizinischer. Weltweit tobt ein regelrechter Kulturstreit darüber, wie gefährlich das Virus tatsächlich ist und was gegen den Erreger hilft. Mittendrin thront das Malaria-Mittel Hydroxychloroquin als Symbol für die Diskrepanz zwischen nachgewiesenem Nutzen und erhoffter Hilfe. Obwohl derzeit nichts für dessen Wirksamkeit spricht, werden die Überzeugten nicht müde, für das vermeintliche Wundermittel zu trommeln. Zuletzt etwa Popstar Madonna, die auf Instagram ein Video geteilt hat, in dem die texanische Ärztin Stella Immanuel die Arznei als "Impfstoff" preist, der aber angeblich geheim gehalten werde.
Es ist das gleiche Video, das schon US-Präsident Donald Trump vor einigen Tagen seinen Twitter-Followern vorgesetzt hatte – und prompt vom sozialen Netzwerk gelöscht wurde. Auch Facebook hat den Beitrag von seinen Servern geworfen. Grund: Es stelle "falsche Behauptungen über Heilungs- und Präventionsmethoden für Covid-19" auf, so das Unternehmen. In dem Video attackiert die Medizinerin Immanuel auch den führenden US-Virenexperte Anthony Fauci. Der habe die Öffentlichkeit "bei vielen Themen in die Irre geführt". Es gibt jedoch einige Menschen, die erbeben genau den gleichen Vorwurf ihr gegenüber.
US-Regierung von "Reptilien" geführt
Die Ansichten der Ärztin sind umstritten, unkonventionell ist auch eher höflich ausgedrückt. Den Recherchen mehrerer Medien zufolge, blickt Immanuel auf ein umtriebiges Leben zurück, das sie aus Kamerun nach Houston, Texas geführt hat. Sie scheint überzeugt zu sein, dass Sex mit bösen Geistern für gynäkologische Probleme verantwortlich ist, dass die die US-Regierung von "Reptilien" geführt werde und dass die angeblichen Hochzeiten von Erwachsenen und Kindern eine Folge der Home-Ehe seien.
Öffentlich zugänglichen Aufzeichnungen zufolge wurde sie vor 55 Jahren in dem westafrikanischen Staat als Stella Gwandiku-Ambe Immanuel geboren. Ihr Medizinstudium hat sie in Nigeria begonnen, 1992 ist sie dann in die USA gegangen, wo sie in Louisiana an einer Kinderklinik gearbeitet hat. Neben ihrer medizinischen Arbeit hat sie fünf Bücher geschrieben und irgendwann in Houston ihre eigene Kirche gegründet, die "Fire Power Ministries"-Gemeinschaft, deren Mission nach Selbstbeschreibung "Befreiung, Gebet und geistliche Kriegsführung" ist.
Soweit die Biografie einer umtriebigen und engagierten Frau. Das US-Magazin "Daily Beast" aber hat sich die Inhalte ihrer zahllosen Äußerungen auf Facebook und Youtube genau angesehen und ist dabei auf eine bizarre Parallelwelt gestoßen. So behauptet sie etwa, dass die "bösen Geister", die zu Impotenz oder Unfruchtbarkeit führten, biblische Dämonen und Hexen in Menschengestalt seien. "Sie verwandeln sich in eine Frau, und dann schlafen sie mit dem Mann und nehmen sein Sperma auf. Danach verwandeln sie sich in einen Mann, und schlafen mit einem anderen Mann, legen das Sperma dort ab und vermehren sich so."
"Impfungen" gegen Gene?
Ihr zufolge soll es zudem ein Gen geben, das Menschen religiös mache, gegen das Wissenschaftler allerdings einen Impfstoff entwickelt hätten, um es zu zerstören. Tatsächlich gibt es Biologen, die glauben, dass das Gen VMAT2 für Religiösität verantwortlich ist, aber diese These ist umstritten. Und "Impfungen" gegen Gene gibt es nicht. Ähnlich abseitig sind auch andere Ansichten Immanuels. So glaubt sie, dass Ärzte Menschen mit außerirdischer DNS behandeln würden und populäre TV-Sendungen wie Pokémons "Eastern Demons" und Hannah Montanas "Alter Ego" dazu dienten, Kinder in Kontakt mit Hexerei zu bringen.
Ihrer eigenen Aussage zufolge ist Stella Immanuel (dennoch) als Gesprächspartnerin bei US-Abgeordneten gefragt. So sagte sie der US-Seite "Salon.com", dass sie sich noch vor zwei Tagen mit Senatoren auf dem Capitol Hill in Washington getroffen habe. Über den Inhalt der Treffen wollte sie nichts sagen, eine Bestätigung dafür gibt es auch nicht. Sie wiederholte aber ihre Vorwürfe gegen den Epidemiologen Fauci: Niemand muss krank werden. Sie brauchen auch keine Maske, denn es gibt eine Heilung. (Hydroxychloroquin, Anm. d. Red.)" Auf Twitter stieß sie an dem Tag noch eine Warnung aus: So solle Facebook ihr Profil und ihre Videos wieder freischalten, andernfalls werde Facebook in die Knie gehen – "im Namen Jesu".
Quellen: "Daily Beast", DPA, Salon.com, "Newsweek", Stella Immanuel auf Twitter, Fire Power Ministries auf Facebook