Generalstreik Frankreich steht still

Seit 30 Jahren waren die fünf wichtigsten Gewerkschaften nicht mehr gemeinsam auf der Straße. Mit landesweiten Streiks protestieren sie nun gegen die Privatisierungspolitik von Premier Dominique de Villepin - und legen Frankreich lahm.

Mit einem landesweiten Ausstand demonstrieren die fünf wichtigsten französischen Gewerkschaften für die Verteidigung von Beschäftigung, Kaufkraft und des Öffentlichen Dienstes. Zur Eröffnung des nationalen Streiktages begannen als erste die Eisenbahner der nationalen Gesellschaft SNCF mit Aktionen und Arbeitsniederlegungen.

Mehrheit unterstützt den Aktionstag

Als Folge der Kraftprobe mit der Regierung von Ministerpräsident Dominique de Villepin wird in Frankreich mit erheblichen Ausfällen und Störungen im Flug- und Schienenverkehr gerechnet. Befürchtet wird zudem ein Verkehrschaos im Großraum Paris und anderen Ballungszentren. Die Verkehrsbetriebe rechnen je nach Strecke mit dem Ausfall von einem Viertel bis drei Viertel der Züge. Die Oppositionsparteien wie Sozialisten, Kommunisten und Grüne unterstützen den landesweiten Aktionstag gegen die konservative Regierung ebenfalls. Trotz aller Schwierigkeiten im Alltag steht eine klare Mehrheit der Franzosen (72 Prozent) hinter dem Protest, wie eine Umfrage für die Zeitung "Les Echos" ergab. 62 Prozent erklärten, die Regierung Villepin betreibe eine schlechte Wirtschaftspolitik.

Angaben der Gewerkschaften zufolge soll die Arbeit im öffentlichen Dienst nicht vor Mittwochmorgen wieder aufgenommen werden. Betroffen seien alle Bereiche von den Schulen über den öffentlichen Dienst und die Beschäftigten der Energiewirtschaft bis hin zu den Fluglotsen. Nach ersten Protesten gegen niedrige Löhne, hohe Arbeitslosigkeit, eine geringe Kaufkraft der Verbraucher sowie die Privatisierung von Betrieben, vor allem der Energiewirtschaft, hat der Arbeitskampf nun das ganze Land erfasst.

Erstmals seit 1976 wollen alle Gewerkschaften gemeinsam auf die Straße gehen. Alle linken Oppositionsparteien von den Sozialisten bis zu den Trotzkisten unterstützen den Aktionstag. Besondere Brisanz erhält die erste große Streikbewegung seit dem Amtsantritt von Premierminister Dominique de Villepin am 31. Mai 2005.

Für Villepin stellt die konzertierte Streikaktion die erste harte Bewährungsprobe dar, die zu Lasten seiner zuletzt stetig gestiegenen Popularität gehen könnte. Derzeit steht er bereits wegen des Konflikts um die Privatisierung einer korsischen Fährgesellschaft in der Kritik und des großen Stromkonzerns EDF in der Kritik. Dabei wurde ihm mangelnde Sensibilität vorgeworfen. Entzündet hatte sich der Konflikt an der Ankündigung der französischen Regierung, die 155 Jahre alte, Verluste schreibende Fährgesellschaft SNCM zu verkaufen. Die SNCM-Beschäftigten fürchten, dass dabei rund 400 Arbeitsplätze verloren gehen.

Lufthansa streicht Flüge

Weil auch die französische Flugsicherung im Ausstand ist, reagierte die Deutsche Lufthansa mit der Streichung einiger Flüge nach Paris. Betroffen sind zunächst vier Verbindungen von Düsseldorf, Frankfurt, Köln/Bonn und Stuttgart nach Paris/Charles de Gaulle, teilte die Lufthansa mit. Die betroffenen Passagiere sollen weitestgehend auf andere Lufthansa-Flüge umgebucht werden, zudem will das Unternehmen versuchen, größere Flugzeuge auf seinen nicht vom Streik betroffenen Frankreichstrecken einzusetzen. Laut Lufthansa dürfte es wegen des Streiks voraussichtlich bis Mittwoch zu Beeinträchtigungen im europäischen Flugverkehr kommen.

DPA
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