Vor dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg hat die Türkei gefordert, dass Europa syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen solle. "Europa sollte über die Menschen nachzudenken beginnen, die aus Syrien in die Türkei geflohen sind. Mittlerweile haben wir mehr als 80.000 Flüchtlinge auf unserem Boden", sagte der türkische EU-Minister Egemen Bagis der Tageszeitung "Welt". "Europa sollte den Menschen helfen, die einen sicheren Hafen suchen und Flüchtlinge bei sich aufnehmen. Es wird Zeit, dass Europa endlich hilft."
Widerspruch von Westerwelle
Bisher sei aus der EU sehr wenig gekommen, Zelte, Decken für die Flüchtlinge. Die EU müsse auch mehr finanzielle Hilfe leisten, fügte Bagis hinzu. Den Grund für die europäische Zurückhaltung sieht der Politiker in der Eurokrise. "Europa befindet sich in einem Zustand eingefrorenen Denkens. Es kommt nicht voran, weil es vollkommen auf die Euro-Krise fixiert ist."
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wies den Vorschlag zurück und sprach sich erneut dafür aus, syrische Flüchtlinge vorrangig in den Nachbarländern zu versorgen. "Der klare Schwerpunkt muss sein, die Flüchtlinge vor Ort zu versorgen", sagte Westerwelle am Montag in Luxemburg vor einem Treffen der EU-Außenminister. "Diese Flüchtlinge wollen ja nicht auf Dauer ihr Land verlassen, sie haben Verwandte, sie haben ihre gesamten persönlichen Beziehungen zu dem Land, und sie wollen möglichst schnell zurück in das Land."
Schätzungen der UNO zufolge flohen bislang mehr als 300.000 Menschen vor dem Konflikt.
Türkei sperrt Luftraum für syrische Jets
Am Wochenende hatte sich der Konflikt zwischen der Türkei und Syrien zugespitzt. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hatte bekanntgegeben, den Luftraum für syrische Passagiermaschinen zu schließen. Der Luftraum sei am Samstag für zivile Flugzeuge gesperrt worden, nachdem dies bereits zuvor für Militärmaschinen entschieden worden sei. Grund sei, dass das syrische Verteidigungsministerium Passagiermaschinen zum Transport militärischer Fracht nutze, erklärte Davutoglu mit Blick auf ein zuvor von der Türkei gestopptes syrisches Passagierflugzeug.
Die Spannungen zwischen der Türkei und Syrien hatten sich massiv verschärft, als Anfang Oktober syrische Geschosse in einem türkischen Grenzort einschlugen und fünf Zivilisten töteten. Die Lage spitzte sich weiter zu, als die Türkei am Mittwoch das aus Moskau kommende syrische Passagierflugzeug zur Landung zwang und einen Teil der Ladung beschlagnahmte. Ankara zufolge hatte das Flugzeug Rüstungsteile und Munition für Damaskus geladen, was von Syrien und Russland dementiert wird. Am Samstag verbot die Führung in Damaskus ihrerseits türkischen Fluggesellschaften das Überfliegen des syrischen Luftraums.