Hillary Clinton hat in der für Amerikaner geschichtsträchtigen Stadt Philadelphia Geschichte geschrieben: Die 68-jährige Demokratin ist die erste Frau, die für eine der beiden großen US-Parteien ins Rennen um das Präsidentenamt gehen wird. In Philadelphia wurde unter anderem einst 1776 die Unabhängigkeitserklärung der USA verkündet.
Die frühere Außenministerin und First Lady konnte sich beim Parteitag der Demokraten in einer historischen Abstimmung klar die absolute Mehrheit von mehr als 2383 Stimmen sichern - keine 100 Jahre nachdem in den USA das vollständige Wahlrecht für Frauen eingeführt worden war. Mit den 15 Stimmen aus South Dakota hatte sie die magische Grenze überschritten.
Donald Trump gilt es zu schlagen
Der unterlegene Bernie Sanders ergriff zum Schluss der Abstimmung das Wort und verkündete de facto den Sieg Clintons. Er bat um eine Abstimmung per Akklamation zum Sieg Clintons - damit machte er ihren Sieg praktisch einstimmig. Die Delegierten stimmten in ein lautstarkes "Aye" ein und bestätigten das Ergebnis.
Sie wird bei der Präsidentschaftswahl am 8. November gegen den umstrittenen Republikaner-Kandidaten Donald Trump antreten. Der Immobilienmilliardär und politische Seiteneinsteiger war in der vergangenen Woche in Cleveland zum Kandidaten seiner Partei gekürt worden war.
"Hillary Clinton muss Präsidentin werden"
Clinton setzte sich bei der Abstimmung in Philadelphia klar gegen ihren parteiinternen Rivalen Bernie Sanders durch. Der Senator aus Vermont hatte am Vortag in einem leidenschaftlichen Appell seine Anhänger dazu aufgerufen, sich hinter Clinton zu stellen. "Hillary Clinton muss Präsidentin der Vereinigten Staaten werden", hatte Sanders erklärt.
Allerdings trat Sanders am Dienstagabend offiziell als Gegenkandidat Clintons an. Dies hatte er im Vorfeld angekündigt. Parteistrategen hatten noch bis zuletzt versucht, eine Kampfabstimmung zu verhindern. Am Ende der Auszählung trat ein umjubelter und sichtlich bewegter Sanders an das Mikrofon, um Hillary Clintons Sieg zu bestätigen.
Auch First Lady Michelle Obama hatte sich in einer vielbeachteten und sehr persönlich gehaltenen Rede für Clinton stark gemacht. In der Nacht wurde der Auftritt von Clintons Ehemann Bill erwartet. Der Ex-Präsident wollte in seiner bereits zehnten Rede auf einem Demokraten-Parteitag ebenfalls aktiv Werbung für seine Ehefrau machen.

Viele Sanders-Anhänger verärgert
Die Anhänger von Sanders unter den über 4700 Delegierten konnte das nicht beruhigen. Viele von ihnen verließen verärgert das Plenum, um im Arbeitsbereich der Medien gegen die aus ihrer Sicht stattgefundene Ungleichbehandlung zu demonstrieren. Die Polizei sperrte die Pressebereiche ab. Die Demonstranten setzten sich vor den Zelten auf die Straße, einige klebten sich den Mund mit Klebeband zu. "Dies ist ziviler Ungehorsam", sagte Deane Evans aus dem Bundesstaat Washington.
Die Entscheidung für Clinton hätten Superdelegierte gebracht, die sich schon für die Favoritin der Parteiführung ausgesprochen hätten, bevor das Rennen überhaupt begonnen hatte. Sanders selbst erkannte das Vorgehen der Parteiführung jedoch an. "Es ist jetzt einfach, Buhrufe auszustoßen. Aber es ist schwierig, unseren Kindern in die Augen zu sehen, die in einem Land leben, das von Donald Trump regiert wird", sagte er.
Rennen zwischen Clinton und Trump noch offen
Die Lager von Clinton und Sanders waren schon zuvor nach einem energisch geführten Vorwahlkampf tief zerstritten. Dies hatte noch unmittelbar vor Beginn des viertägigen Konvents zum Rücktritt von Parteichefin Debbie Wasserman Schultz geführt. Die Parteiführung fühlte sich zu einer Entschuldigung bei Sanders genötigt, weil der offenbar im Vorwahlkampf benachteiligt worden war.
Hillary Clinton selbst wird am Donnerstag am Rednerpult in Philadelphia erwartet. Dann wird sie aller Voraussicht nach ihre Nominierung formell annehmen. Das Rennen zwischen Clinton und ihrem Kontrahenten Trump ist nach Meinungsumfragen offen. Clinton gilt als Favoritin, auch wenn Trump zuletzt vergleichsweise deutlich zulegen konnte.