Irak "Wir haben ihn um 24 Stunden verpasst"

Offenbar sind US-Truppen Saddam Hussein ganz dicht auf den Fersen: In Tikrit stürmten Soldaten mehrere Häuser. Dort sollen sich Saddam und sein Sicherheitschef versteckt haben.

Saddam Hussein ist den US-Truppen in Irak möglicherweise nur knapp entkommen. Nach einem Hinweis von Anwohnern stürmten Soldaten am Sonntag vor dem Morgengrauen drei Anliegen in Tikrit, wie ein Militärsprecher erklärte. Dort soll sich noch kurz zuvor der Sicherheitschef des gestürzten Präsidenten aufgehalten haben - und nach Informationen der amerikanischen Streitkräfte möglicherweise auch Saddam Hussein selbst.

"Wir haben ihn um 24 Stunden verpasst"

Nach der Verhaftung einer Gruppe von Männern, unter denen fünf bis zehn Leibwächter von Saddam Hussein vermutet wurden, hätten die US-Truppen in Erfahrung gebracht, dass der neue Sicherheitsberater Saddam Husseins sich in einem der Häuser aufhalte, sagte Oberstleutnant Steve Russell. „Wir haben ihn um 24 Stunden verpasst.“ Der neue Sicherheitschef, dessen Name die US-Streitkräfte nicht nannten, soll der Nachfolger des festgenommenen Abid Hamid Mahmud el Tikriti sein. Nur Mahmud, Saddam Husseins Cousin und früherer persönlicher Sekretär, sowie der getötete Kusai Hussein sollen über die Aufenthaltsorte des gestürzten Staatschefs informiert gewesen sein.

Fünf US-Soldaten getötet

Bei neuen Angriffen gegen die US-Truppen wurden am Wochenende fünf Soldaten getötet. Am Sonntag fiel ein Marineinfanterist einem Granatangriff südlich von Bagdad zum Opfer, ein weiterer wurde verwundet. Am Samstag starb ein Soldat nach einem Überfall auf eine Fahrzeugkolonne westlich von Bagdad. Bei einem Granatangriff wurden nach Angaben der US-Streitkräfte drei Soldaten getötet, die das Kinderkrankenhaus in Bakuba nordöstlich von Bagdad bewacht hatten.

Zudem wuchs der Widerstand der Schiiten: Einer ihrer führenden Geistlichen rief zur Bildung einer eigenen Armee auf, die die Koalitionsmächte vertreiben solle. Die „Imam-Armee“ werde die Amerikaner aus Nadschaf und anderen Heiligen Städten vertreiben und den moralischen Verfall des Landes stoppen, sagte Scheich Muktada el Sadr beim Freitagsgebet vor 50.000 Menschen in der südlich von Bagdad gelegenen Stadt Kufa. Die Organisation wolle ihre Ziele aber mit friedlichen Mitteln erreichen.

Villa von Odai und Kusai Hussein niedergerissen

US-Soldaten der 101. Luftlandedivision rissen am Samstag die Villa in Mossul nieder, in der vor vier Tagen Odai und Kusai Hussein getötet wurden. Nachbarn berichteten, das bei den stundenlangen Kämpfen am Dienstag schwer beschädigte Haus habe Scheik Nauaf el Saidan Muhhamad gehört, der sich nun in Schutzhaft befinde. Die US-Armee bestätigte die Angaben bislang nicht. Den Nachbarn zufolge soll Muhhamad auch den entscheidenden Hinweis gegeben haben, dass sich Odai und Kusai Hussein in seinem Haus versteckten.

Die US-Armee leitete unterdessen Ermittlungen gegen vier Soldaten wegen der Misshandlung irakischer Kriegsgefangener ein. Den Männern des 320. Militärpolizei-Bataillons aus Pennsylvania wird vorgeworfen, am 12. Mai irakische Soldaten in einem Gefangenenlager brutal geschlagen und getreten zu haben.

Rau für deutsche Beteiligung bei Wiederaufbau

Bundespräsident Johannes Rau befürwortet eine deutsche Beteiligung am Wiederaufbau Iraks. „Da werden wir uns als Deutsche sicher auch nicht verschließen, unabhängig von der unterschiedlichen Beurteilung des Krieges“, sagte das Staatsoberhaupt der „Welt am Sonntag“. Nun gehe es um humanitäre Hilfe und den Aufbau einer stabilen Demokratie, und daran müssten alle ein großes Interesse haben.