Mehr als 300.000 irakische Schiiten sind am Sonntag von Bagdad aus zu einem Fußmarsch in die 180 Kilometer entfernte Stadt Nadschaf aufgebrochen, um dort an der Beisetzung ihres geistlichen Führers teilzunehmen. Ajatollah Mohammed Bakir el Hakim war am Freitag zusammen mit 84 anderen Gläubigen am Freitag bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen. Die Polizei nahm am Wochenende 19 Tatverdächtige fest, die alle Verbindungen zum Terrornetzwerk El Kaida haben sollen.
In dem Trauermarsch von Bagdad nach Nadschaf herrschte von Anfang an eine aufgebrachte Atmosphäre. Die Teilnehmer schlugen sich mit Fäusten gegen die Brust und riefen nach Rache. An der Spitze des Zuges rollte ein Lastwagen mit einem symbolischen Sarg für El Hakim, bedeckt mit roten und weißen Rosen. Die Leiche des Geistlichen konnte nicht geborgen werden; lediglich eine Hand und persönliche Dinge konnten am Ort der Bombenexplosion vor der Imam-Ali-Moschee gefunden werden. "Unsere Rache wird gewaltig sein", hieß es auf einem in der Menge mitgeführten Transparent. Auf einem anderen war zu lesen: "Saddam und Bush werden uns nicht demütigen."
Bevölkerungsmehrheit wurde unterdrückt
Die schiitische Bevölkerungsmehrheit Iraks war unter der Herrschaft Saddam Husseins vielfacher Unterdrückung ausgesetzt. Ajatollah El Hakim galt als gemäßigter Schiitenführer. Den amerikanischen Besatzungstruppen werfen viele Iraker vor, sich nicht ausreichend um die Sicherheit der Bevölkerung zu kümmern. Nach dem Anschlag erklärte der schiitische Geistliche Mohammed Bahr el Ulum, er setze seine Mitgliedschaft in dem von den USA eingesetzten Verwaltungsrat aus und verband dies mit scharfer Kritik an der Sicherheitslage.
Bereits kurz nach dem Anschlag in Nadschaf wurden vier Verdächtige verhaftet, zwei Iraker und zwei Männer aus Saudi-Arabien. Ihre Aussagen hätten zur Festnahme von 15 weiteren Personen geführt, sagte ein irakischer Ermittlungsbeamter. Unter ihnen sind auch sechs Palästinenser und zwei Kuwaiter. Die Ausländer seien aus Kuwait, Syrien und Jordanien nach Irak gekommen, hieß es.
Bei dem Anschlag wurden nach jüngsten Angaben 85 Menschen getötet. Zunächst genannte höhere Zahlen wurden korrigiert; offenbar waren zunächst einige Opfer mehrfach gezählt worden. Zahlreiche Schwerverletzte wurden noch in Krankenhäusern behandelt.
Die Vereinten Nationen wollen aus Sicherheitsgründen die Zahl ihrer Mitarbeiter in Irak deutlich reduzieren, wie in New York verlautete. Von derzeit 400 internationalen Mitarbeitern sollen künftig nur noch 40 bis 50 im Land bleiben. "Die wichtigsten humanitären Aufgaben werden weiter erfüllt, darunter die Verteilung von Lebensmitteln und die Arbeit in den Krankenhäusern", sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric.