Der US-Gesandte bei den Vereinten Nationen (UNO), John Negroponte, hat die Lücken im Waffenbericht Iraks als einen "schwerwiegenden Verstoß" gegen die UNO-Resolution bezeichnet. Negroponte sagte am Donnerstag in New York, "bedeutende Auslassungen" in dem Bericht stellten einen schwerwiegenden Verstoß dar. Aus US-Regierungskreisen war am Vortag verlautet, die USA wollten jedoch nicht umgehend militärisch losschlagen. In der UNO-Resolution 1441 wird ein schwerwiegender Verstoß definiert als Verletzung der Offenlegungspflicht. Die USA haben wiederholt mit einem Militärschlag gedroht, sollte Irak nicht den UNO-Auflagen zur Entwaffnung Folge leisten.
Schon Mittwoch gab es Kritik
Aus US-Regierungskreisen war am Mittwoch in Washington verlautet, der den Vereinten Nationen (UNO) vorgelegte Waffenbericht werde von den USA als schwerer Verstoß gegen die jüngste UNO-Resolution gewertet. Die USA wollten aber deshalb nicht gleich militärisch losschlagen. US-Außenminister Powell stellte fest, er sei auf der Grundlage des Waffenberichts nicht zuversichtlich, dass Irak bei der Abrüstung kooperieren werde. Wie aus US-Regierungskreisen weiter verlautete, wollen die USA möglicherweise Anfang kommenden Jahres ihre Truppen in der Golfregion erheblich verstärken. Der Irak hatte am 7. Dezember den von der UNO verlangten Bericht über sein Rüstungsprogramm vorgelegt und dabei erneut Vorwürfe der USA zurückgewiesen, über Massenvernichtungswaffen zu verfügen. Aus US-Regierungskreisen verlautete, der Bericht werde wohl als schwerer Verstoß gegen die jüngste UNO-Resolution gewertet, jedoch nicht zum unmittelbaren Anlass für einen Angriff genommen.
Ölpreis reagierte sofort
Wegen der gespannten Lage um Irak und dem eskalierenden Streit zwischen Regierung und Opposition im Ölförderland Venezuela zogen die Ölpreise am Donnerstag wieder deutlich an. Im Fernen Osten verteuerte sich US-Öl per Lieferung im Januar um 36 Cent auf 30,80 US-Dollar.
Mobilmachung läuft
Bush hat einen flexiblen Plan für eine umfassende Invasion in Irak gebilligt, an der bis zu 250.000 Soldaten beiteiligt sein könnten. Wie aus den US-Kreisen verlautete, könnte die Offensive jedoch von einer weitaus geringeren Zahl von Soldaten eingeleitet und von massiven Luftangriffen begleitet werden. Die USA haben nach offiziellen Angaben derzeit 15.000 Soldaten in dem Gebiet nahe Irak und insgesamt etwa 60.000 in der Region stationiert. Auch zwei Flugzeugträger sind in der Reichweite für Angriffe auf Irak bereits in Position gebracht worden. Es wird erwartet, dass Großbritannien sich an einem Militärschlag mit einem Flugzeugträger und Bodentruppen beteiligt.
Warnung vor Strategie der 'verbrannten Erde'
Aus US-Regierungskreisen verlautete, die Armee sei angewiesen worden, bis zu 50.000 weitere Soldaten auf eine Entsendung in die Golf-Region vorzubereiten. US-Präsident George W. Bush habe aber noch keine Entscheidung über die Verlegung der Truppen getroffen. Aus US-Geheimdienstkreisen verlautete zudem, Iraks Präsident Saddam Hussein plane für den Fall einer US-Invasion eine Strategie der verbrannten Erde. Saddam wolle im Fall einer US-Invasion in Irak Ölfelder, Kraftwerke und Lager mit Nahrungsmitteln zerstören lassen.
Bundesregierung will "sorgfältig prüfen"
Von der Bundesregierung sind keine schnellen Aussagen über das irakische Waffendossier zu erwarten, das Donnerstag in Berlin eingetroffen ist. "Fest steht, dass wir das sehr sorgfältig prüfen werden und dass das seine Zeit dauert", meinte allerdings eine Sprecherin des Auswärtigen Amts auf Anfrage. Wie die zehn nicht-ständigen Ratsmitglieder hat die ständige Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen in New York die gekürzte Fassung des Berichts erhalten. Er wurde per Kurier nach Berlin gebracht und traf am Nachmittag in der Bundeshauptstadt ein.
Die gekürzte Fassung enthält keine Angaben, die zum Bau von Massenvernichtungswaffen benutzt werden könnten. Auch die Namen von Firmen, die Waffen an Irak lieferten, wurden geschwärzt. Das Original umfasst knapp 12.000 Seiten. Deutschland wird ab Januar dem Sicherheitsrat zwei Jahre lang als nichtständiges Mitglied angehören. Im Februar dürfte der Vorsitz des UNO-Sicherheitsrats an Deutschland gehen. Deutschland müsste bei Resolutionen zum Irak eine klare Position beziehen. Bislang hat die Bundesregierung eine deutsche Beteiligung an einem Angriff auch für den Fall ausgeschlossen, dass es ein Mandat der UNO gibt.