Das von Großajatollah Ali al-Sistani unterstützte schiitische Wahlbündnis ist als klarer Sieger aus den Wahlen zum irakischen Übergangsparlament hervorgegangen. Dem am Sonntag veröffentlichten Wahlergebnis zufolge entfielen allein auf das Wahlbündnis Vereinigte Irakische Allianz 48 Prozent Stimmen. Die Beteiligung lag insgesamt bei 58 Prozent. Die Gewalt im Irak konnte die Wahl aber nicht beenden. Bei einem Autobombenanschlag südlich von Bagdad, heftigen Gefechten zwischen Aufständischen und US-Soldaten in Mossul und weiteren Gewaltakten kamen am Wochenende mehr als 40 Menschen ums Leben.
Bevölkerungsmehrheit wird das Sagen haben
Die Schiiten werden den Ergebnissen zufolge zwar auf Bündnispartner im neuen Parlament angewiesen sein, nach Jahrzehnten der Unterdrückung wird die Bevölkerungsmehrheit nun aber erstmals politisch das Sagen haben. Auf den zweiten Platz kam die Liste der Kurden mit 2,175 Millionen Stimmen oder 26 Prozent. Den dritten Platz belegte die Liste des von den USA unterstützten amtierenden Ministerpräsidenten Ajad Allawi mit 1,168 Millionen Stimmen (13,8) Prozent.
Die Einbindung der Sunniten in den politischen Prozess dürfte sich hingegen schwierig gestalten. Sie sind am 30. Januar weitgehend den Boykottaufrufen gefolgt. In der Provinz Anbar, einer der Hochburgen des Widerstands, lag die Wahlbeteiligung bei nur zwei Prozent. Nur 17.893 Stimmen wurden hier abgegeben. In der Provinz Niniveh, zu der auch die drittgrößte Stadt Mossul gehört, waren es 17 Prozent. Landesweit kam die Liste von Präsident Ghasi al Jawer, einem Sunniten, auf 150.000 Stimmen, das sind zwei Prozent. Der sunnitische Politiker Adnan Patschatschi erhielt nur 12.000 Stimmen - 0,1 Prozent.
Heftige Gefecht bei Mossul
Die Gewalttaten und Kämpfe im Irak hielten das ganze Wochenende über an. Allein bei einem Autobombenanschlag in Mussajjib, 55 Kilometer südlich der Hauptstadt, wurden am Samstag 17 Menschen getötet und 21 verletzt. Eine weitere Autobombe explodierte an einer Kreuzung im Bagdader Stadtteil Baladijat. In einem schiitischen Stadtteil von Bagdad wurden am Sonntag ein General und zwei seiner Begleiter bei einem Anschlag getötet. Sie wurden in ihrem Fahrzeug erschossen. Zu dem Angriff bekannten sich die Al-Kaida-Kämpfer im Irak.
Im Norden des Landes wurden auch am Sonntag weiter heftige Gefechte in der Nähe von Mossul gemeldet. Dabei wurden am Samstag mindestens neun Aufständische und zwei Bewohner der Stadt getötet. Zuvor waren in Mossul und Umgebung sechs irakische Nationalgardisten und sechs Kurden tot aufgefunden worden. Am Sonntag wurde wieder ein US-Konvoi angegriffen.
Schon wieder Baath-Funktionär ermordet
Im Südirak wurde in Basra ein ehemaliger Funktionär der Baath-Partei erschossen. Taha al Amiri war unter Saddam Hussein Vorsitzender Richter am Strafgericht von Basra. Seit dem Sturz des früheren Regimes sind in Basra und Umgebung mehrere Baath-Funktionäre getötet worden. Es wird vermutet, dass es sich um Racheakte radikaler Schiiten handelt.
Drei Monate nach der Einnahme der ehemaligen Widerstandshochburg Falludscha durch US-Soldaten gingen dort erstmals wieder irakische Polizisten auf Streife. In Falludscha leben nach US-Angaben nur noch rund 25.000 Menschen. Die meisten der ursprünglich 250.000 Einwohner waren während der wochenlangen Kämpfe zwischen US-Truppen und Rebellen aus der Stadt geflohen.
AP