Iran-Geiseln Britische Soldaten sind in Freiheit

Die vom Iran festgehaltenen britischen Soldaten sind nach Angaben der britischen Regierung auf dem Weg in die Heimat. Der iranische Präsident hatte ihre Freilassung als "Geschenk an Großbritannien" kurz zuvor angekündigt.

Die 15 im Iran gefangen genommenen britischen Soldaten sind nach Angaben des britischen Premierministers Tony Blair freigelassen worden. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte die Freilassung wenige Stunden zuvor angekündigt. Die Entscheidung sei ein Geschenk an Großbritannien, sagte er bei einer Pressekonferenz.

Blair äußerte sich erleichtert und kündigte an, dass Großbritannien keine "Feindseligkeit" gegenüber dem iranischen Volk hegen werde. Er hoffe, dass künftige Konflikte auf dem Weg des Dialogs gelöst werden könnten, sagte Blair am Mittwoch in London.

Die 15 britischen Marineangehörigen wurden Ende März im Grenzgebiet zwischen Iran und Irak festgenommen. Der Iran wirft ihnen vor, in seine Hoheitsgewässer eingedrungen zu sein. Großbritannien bestreitet dies.

Entspannt und gesund in Jogginganzügen

Die letzten Bilder zeigten sie in Jogginganzügen auf einem Teppich sitzend, scheinbar entspannt und gesund. Erstaunlich: Die englischen Zeitungen schien die ganze Sache nicht besonders zu interessieren.

In den Tagen unmittelbar nach Anfang der Krise gab es die eine oder andere Titelseite, etwa die der größten Boulevard-Zeitung "The Sun". In gewohnt riesigen Buchstaben ließ sie verlauten: "Unsere Regierung quiekt nur noch". Gemeint waren die vorsichtigen diplomatischen Annäherungen der Blair-Gesandten an iranische Quellen. Ansonsten herrschte Stille im Blätterwald. Keine Vergeltungs-Schlagzeilen, keine Kriegsandrohungen.

Keith Richards statt der Gefangenen

Stattdessen macht der Daily Mirror am Tag der Freilassung mit der sensationellen Geschichte auf, dass Rolling-Stones-Gitarrist Keith Richards im Kokain-Rausch die Asche seines Vaters geschnupft hat ("I snorted my Dad's ashes") und beim Daily Express dominierte ein angeblicher neuer Diana-Skandal um zurückgehaltene Geheimpapiere von Charles die Schlagzeilen, Alltag also an der Boulevard-Front.

Nur der Daily Telegraph erwähnt die Krise auf seiner Titelseite - mit der einfachen Schlagzeile "Gespräche mit Iran beginnen, um britische Matrosen zu befreien". Die Berichterstattung beginnt dann auf Seite 4 und erzählt davon, wie erleichtert die Angehörigen seien, dass sie in den Filmen des iranischen Fernsehens ihre Söhne und die eine Tochter gesund und anscheinend in guter Verfassung sehen konnten.

Klare Ansagen an die Presse

Doch warum eigentlich diese ungewöhnliche Zurückhaltung? Die englische Presse, bissig im Allgemeinen, lehnt sich vor allem in Sachen Patriotismus oft sehr weit aus dem Fenster. Zum einen ist da die klare Aufforderung der Royal Navy und der Blair-Regierung, jegliche Berichterstattung zu unterlassen, die anstehende Gespräche zwischen Großbritannien und Iran gefährden könne. Sprecher der Royal Navy nannten jede Spekulation "außerordentlich gefährlich". Und wohl keine Zeitung, vor allem nicht der armee-freundliche Boulevard, möchte hinterher nicht derjenige sein, der die Krise noch weiter hat eskalieren lassen.

Zum anderen, und das ist ganz leise aus den Kommentaren zu entnehmen, ist die Geschichte irgendwie ein bisschen peinlich. Im Gegensatz zu den britischen Soldaten, die im Jahr 2004 von den Iranern mit Augenbinden zu einer Scheinexekution geführt wurden, werden die Geiseln diesmal beim anscheinend gemütlichen Essen gezeigt, sie lachen in ihren Jogginganzügen, die wohl auch zum persönlichen Komfort von den Iranern ausgegeben wurden.

Niemand bestreitet natürlich, dass die Soldaten unter großer Anspannung und Angst leiden. Auf der anderen Seite denkt kaum jemand, dass sie in ernsthafter Gefahr waren. Und dann die Art der Festnahme: Kein Schuss ist gefallen, die britischen Armeeangehörigen wurden von iranischen Booten abgefangen und abgeführt, fast wie Zivilisten.

US-Zeitungen machen sich lustig

Da stößt es sauer auf, dass Zeitungen in den USA sich über diese militärische Taktik der Deeskalation schon lustig gemacht haben. Zaghaft gibt es erste Diskussionen über Regeln, die in diesem Fall die Soldaten nur mit leichten Waffen ausgerüstet und jegliches Zurwehrsetzen damit unmöglich gemacht haben. Vielleicht wartet der englische Boulevard also nur, bis die Soldaten wieder zu Hause sind. Um dann zu fragen, warum sie gezwungen waren, wie Feiglinge auszusehen.

Cornelia Fuchs mit AP