Israel-Reise Merkel will Geschichte schreiben

Kanzlerin Angela Merkel setzt alles daran, dass ihr Besuch in Jerusalem ein besonderer wird. Ihr Ziel: Eine neue Periode in der schwierigen Geschichte der deutsch-israelischen Beziehungen einleiten. Während des symbolischen Aktes übt sie aber auch vorsichtige Kritik - am israelischen Siedlungsbau im Westjordanland und in Ostjerusalem.

Mit einem umfassenden Kooperationsabkommen haben Deutschland und Israel ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufgeschlagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert unterzeichneten nach den ersten Regierungskonsultationen ihrer Länder eine 13-seitige Vereinbarung, die eine engere Zusammenarbeit in zahlreichen Politikfeldern vorsieht - von der Bildung über den Klimaschutz bis zur Verteidigung.

Olmert sprach nach dem Treffen von "vielleicht historischen Verhandlungen" und bezeichnete die Regierung Merkels als "aufrichtigen, wahren Freund Israels". Die Zusammenarbeit habe eine Intensität erreicht, die es zuvor noch nicht gegeben habe. Merkel sagte, die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel könnten nur dann "besonders bleiben, wenn wir Projekte der Gegenwart und Zukunft gestalten".

Vorsichtige Kritik am israelischen Siedlungsbau

Merkel übte vorsichtige Kritik am israelischen Siedlungsbau im Westjordanland und in Ostjerusalem, wies aber im gleichen Atemzug auf den Beschuss des israelischen Gebiets mit Kassam-Raketen hin, der für den Friedensprozess eine "schwere Bürde" sei. Olmert erklärte, Israel würde keine neuen Siedlungen bauen, habe aber immer gesagt, dass es im Rahmen bestehender Siedlungen "zusätzliche Bauvorhaben" geben könne. Olmert unterstrich, Israel fühle sich zur Fortsetzung der Friedensverhandlungen verpflichtet. Dabei könne Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Merkel sagte die Unterstützung Deutschlands zu.

Zum Auftakt ihres zweiten Besuchstags in Israel hatte Merkel der Toten des Holocaust gedacht. In der Gedenkstätte Jad Vaschem legte sie im Beisein Olmerts einen Kranz nieder. In der Halle der Erinnerung entfachte sie das Mahnfeuer. In das Gästebuch der Gedenkstätte schrieb Merkel: "Im Bewusstsein für die Verantwortung Deutschlands für die Shoah unterstreicht die Bundesregierung mit den ersten deutsch-israelischen Konsultationen ihre Entschlossenheit zur gemeinsamen Gestaltung der Zukunft."

Erste ausländische Regierungschefin vor der Knesset

An den Beratungen nahmen sieben Bundesminister teil, darunter Vizekanzler und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Anlass für das Treffen war der 60. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Es sei "das erste Mal, dass die israelische Regierung der deutschen Kanzlerin und einem großen Teil der deutschen Minister gegenübersitzt", erklärte Olmert. Dies spiegele "den Willen der beiden Länder wider, eine außergewöhnliche Verbindung aufrechtzuerhalten, die anders als jene ist, die Israel mit anderen Ländern hat". Die Konsultationen sollen künftig regelmäßig stattfinden, das nächste Mal 2009.

Auch die Verteidigungsminister beider Länder, Franz Josef Jung und Ehud Barak, wollen in Zukunft stärker zusammenarbeiten. Sie unterzeichneten dazu ein bilaterales Abkommen im militärischen Bereich. Dabei wird die gemeinsame Entwicklung von Technologien zum Schutz der Streitkräfte angedacht. Außerdem sollen verstärkt Offiziere ausgetauscht werden.

Insgesamt sollen die politischen, kulturellen, ökonomischen und sozialen Beziehungen zwischen beiden Ländern intensiviert werden, heißt es in der Rahmenvereinbarung, die von Olmert und Merkel unterzeichnet wurde. Merkel wird als erste ausländische Regierungschefin vor der Knesset, dem israelischen Parlament, reden. Die Knesset hat dafür eigens die Statuten geändert, da dies bislang ausländischen Staatsoberhäuptern vorbehalten war.

Der Atomstreit mit dem Iran nahm breiten Raum in den Gesprächen ein. Merkel deutete an, dass es auf europäischer Ebene Überlegungen für Sanktionen gebe, die über den jüngsten Beschluss des UN-Sicherheitsrats hinausgingen. Sie verteidigte die Wirtschaftskontakte der Bundesrepublik mit dem Iran und verwies darauf, dass das Handelsvolumen in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgegangen sei. Dies gelte auch für die Kredite. Man müsse nun überlegen, ob man noch mehr tue.

AP · DPA
DPA/AP